Sitzung vom 25. August 2022

Dekretvorentwurf zur Schaffung eines Zentrums der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Kinderbetreuung

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf zur Schaffung eines Zentrums der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Kinderbetreuung.

Die Regierung beschließt, den Dekretvorentwurf dem Sektorenausschuss XIX der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Verhandlung zu übermitteln. 

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Datenschutzbehörde zu beantragen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten der VoG „Regionalzentrum für Kleinkindbetreuung“ zu beantragen.

Die Ministerin für Bildung, Forschung und Erziehung wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:  

Der Bereich der Kinderbetreuung hat in den letzten Jahren immer weiter an Bedeutung gewonnen. Im gleichen Maße hat sich auch die VoG „Regionalzentrum für Kleinkindbetreuung“, hiernach RZKB genannt, entwickelt, um seiner gesellschaftlichen Rolle weiterhin gerecht zu werden. Das RZKB treibt seit Jahren seine professionelle Aufstellung voran und ist ein wichtiger Partner der Regierung bei der Umsetzung des Masterplans 2016-2025 für die Kinderbetreuung. Die Regierung ist neben den Gemeinden des deutschen Sprachgebiets ein wesentlicher Partner des RZKB und unterstützt dieses mit beträchtlichen finanziellen Mitteln. Um für die Aktivitäten des RZKB sowie für sein Personal, die konventionierten Tagesmütter/-väter und die Eltern und Kinder in Ostbelgien eine größere Planungssicherheit zu schaffen, soll ein moderner, den heutigen Herausforderungen angepasster, öffentlich-rechtlicher Rahmen geschaffen werden. In diesem Zusammenhang soll ebenfalls für eine finanzielle Absicherung der Kinderbetreuung gesorgt werden. Aus diesen Gründen sieht vorliegendes Dekret die Schaffung einer Einrichtung öffentlichen Interesses, dem „Zentrum der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Kinderbetreuung“, vor. Die Aktivitäten des RZKB werden an die neue Einrichtung übertragen.

Das Zentrum wird einerseits Kinderbetreuung anbieten, insbesondere durch einen Tagesmütterdienst, Kinderkrippen und an Standorten der außerschulischen Betreuung. Andererseits wird das Zentrum Aufgaben für die gesamte Kinderbetreuung wahrnehmen, wie beispielsweise die Netzwerkarbeit, die Förderung der Weiterbildung oder die Beratung anderer Dienstleister. 

Das Dekret regelt die Zusammensetzung, die Aufgaben und die Arbeitsweise des Verwaltungsrates. Im Gegensatz zur Absichtserklärung, die die Regierung und das RZKB im April 2022 unterschrieben haben, ist keine Vertretung der Gemeinden im Verwaltungsrat vorgesehen. Diese Änderung erfolgt auf ausdrücklichen Wunsch der Gemeinden. Die Gemeinden fühlen sich aktuell im Verwaltungsrat des RZKB nicht gehört und sind mit der Funktionsweise dieses Verwaltungsrates nicht einverstanden. Die Gemeinden wissen nicht, wie sich der Reformprozess des RZKB, den sie unterstützen, entwickeln wird und möchten diesen abwarten. Die Gemeinden haben gegenüber der Regierung jedoch betont, dass dies nicht bedeutet, dass sie sich aus der Kinderbetreuung im Allgemeinen zurückziehen möchten. Die Kinderbetreuung ist für sie weiterhin ein wichtiges Thema. Die Gemeinden werden sich auch wie in Artikel 24 festgehalten finanziell an dem Zentrum beteiligen. Die bisher mit dem RZKB bestehenden Verträge sollen dadurch ersetzt werden. 

Weiterhin sieht das Dekret vor, dass ein Beirat für Kinderbetreuung geschaffen wird. Dieser berät den Verwaltungsrat in seinen Aufgaben. Die Mitgliedschaft gewisser Akteure wird dekretal vorgesehen, da manche Einrichtungen, Organisationen und Personengruppen aufgrund ihrer Tätigkeitsfelder wichtige Schnittmengen mit der Kinderbetreuung vorweisen. Dazu gehören das Zentrum für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, das Zentrum für Förderpädagogik, die Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben sowie die Dienstleister (Tagesmütterhäuser, Kinderhorte…) oder Personen, die in der Kinderbetreuung tätig sind, z.B. konventionierte Tagesmütter/-väter. Darüber hinaus legt die Regierung die Zusammensetzung des Beirats fest. Im Gegensatz zur Absichtserklärung wird der Beirat einen stimmberechtigten Vertreter in den Verwaltungsrat entsenden. 

Zusätzlich kann der Verwaltungsrat Mitwirkungsgremien schaffen, um das Zusammenwirken aller Beteiligten in den Aufgabenbereichen des Zentrums zu fördern.

Mit den Aktivitäten des RZKB übernimmt das Zentrum die Rechte und Pflichten des RZKB. Jedes Personalmitglied des RZKB wird die Möglichkeit haben in das Zentrum übernommen zu werden. Die Tagesmütter/-väter des RZKB arbeiten heute in einem besonderen Sozialstatut. Dieses Statut hat insbesondere den Nachteil, dass das Einkommen der Tagesmütter/-väter nicht stabil ist. Wird ein Kind nicht zur Betreuung gebracht, erhalten sie nur eine sehr geringe Entschädigung. Jedoch kann es in manchen Situationen für die Tagesmutter/-vater des RZKB dennoch interessanter sein, weiterhin als konventionierte Tagesmutter/-vater zu arbeiten. Mit der Schaffung des Zentrums haben deshalb alle konventionierten Tagesmütter/-väter die Wahl als Arbeitnehmer eingestellt zu werden oder als konventionierte Tagesmütter/-väter in das Zentrum zu wechseln. Neue konventionierte Tagesmütter/-väter werden ab der Schaffung des Zentrums nicht mehr zugelassen. Neue Tagesmütter/-väter können entweder als Arbeitnehmer im Zentrum oder aber als Selbstständige Kinder gegen Entgelt zu Hause betreuen. 

Das Dekret regelt die Datenverarbeitung durch das Zentrum im Rahmen seiner Aufträge. Für die Wahrnehmung der Aufgaben als Dienstleister verarbeitet das Zentrum die Daten in Anwendung des Dekrets vom 31. März 2014 über die Kinderbetreuung. Vorliegendes Dekret aktualisiert die Datenschutzbestimmungen des Dekrets vom 31. März 2014. 

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die finanziellen Auswirkungen können zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht genau beziffert werden, da dem Fachbereich Personal und Organisation dazu die detaillierten Personaldaten der rund 200 Personalmitglieder vorliegen müssen und er diese auswerten muss. Diese Angaben wurden beim RZKB angefragt. 

Da zum einen die rund 60 konventionierten Tagesmütter/-väter in ein Arbeitnehmerstatut wechseln können und zum anderen eine Übergangsregelung vorsieht, dass zum Zeitpunkt der Schaffung der neuen Einrichtung eingestelltes Personal finanziell keinen Gehaltsverlust erleiden darf und somit keiner weniger, aber gewisse mehr verdienen werden, wird die Umwandlung Mehrkosten generieren. Weiterhin wird die Beteiligung der Gemeinden an den Kosten des Zentrums nach aktuellem Stand der Verhandlungen mit den Gemeinden niedriger, aber stabiler und vorhersehbarer sein als die heutige Beteiligung an dem RZKB. Auch wird das Zentrum Aufgaben übernehmen, die das RZKB heute nicht ausübt, wie die Begleitung der selbstständigen Tagesmütter/-väter und auf Anfrage die pädagogische Beratung anderer Dienstleister in der Kinderbetreuung oder die Netzwerkarbeit für den gesamten Sektor der Kinderbetreuung, wozu zusätzliches Personal notwendig sein wird.  

In der Haushaltssimulation ist ab 2023 für das RZKB ein zusätzlicher rekurrenter Betrag von 1,5 Millionen Euro vorgesehen. Dieser Betrag muss jedoch nach Prüfung der Personaldaten entsprechend korrigiert werden. 

4. Gutachten: 

Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 15.07.2022 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage: 

  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 5 §1 II Nummer 1; 
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4 §2.