Ehrenamt verändert sich und stellt alte Strukturen auf den Prüfstand

Sie arbeiten mit Ehrenamtlichen zusammen? Dann haben Sie festgestellt, dass es schwieriger wird, freiwillig Engagierte langfristig für eine Aufgabe zu gewinnen. Auch werden feste Strukturen nicht mehr so selbstverständlich akzeptiert, viele möchten ein neues Engagement erst ausprobieren. Oder sie binden sich gar nicht und springen flexibel von Projekt zu Projekt. Bspw. in der Geflüchtetenhilfe, in Nachhaltigkeitsinitiativen und in Nachbarschaftsprojekten packen die Menschen einfach an – spontan, ungebunden und nicht immer im Rahmen einer Struktur. Sie setzen ihre Ideen um und ziehen danach weiter.

Hinzu kommt, dass die Pandemie Vieles auf den Kopf gestellt und digitale Formen des Engagements gefördert hat.

Vorstand – quo vadis?

Besonders für die Verwaltungsräte ist dies eine schwierige Situation, denn sie bestehen meist auch aus Ehrenamtlichen. Sie müssen mit komplexen Herausforderungen umgehen, haben dabei häufig Nachwuchsschwierigkeiten und tun sich manchmal schwer damit, Zusammenarbeit und Aufbau zu verändern.

Vereine sind immer noch die bedeutendste, demokratische Organisationsform der Zivilgesellschaft

Was tun? Überlegen Sie im Verein, ob die aktuelle Struktur noch zu Ihnen passt:

  • Macht es Sinn, den Vorstand zu verkleinern, um effizienter entscheiden zu können oder zu vergrößern, um die Aufgaben auf mehr Schultern zu verteilen?
  • Kann es helfen, sich mit anderen Vereinen zusammenzutun und Aufgaben gemeinsam zu schultern? Ein Austausch kann auch schon helfen.

Hierzu finden Sie Anregungen unter „Mehr zum Thema“.

Auf einer Tafel sieht man einen weißen Pfeil, dieser ist verwischt und ein Mann malt mit gelber Kreide einen weiteren Pfeil, der eine Rechtskurve macht.

Fragen Sie sich, ob Sie den Einstieg von Neulingen erleichtern können, indem Sie ihnen Paten an die Seite stellen? Möglicherweise finden Sie es hilfreich, die Arbeitsteilung zu verändern oder die Mitbestimmungsmöglichkeiten im Verein zu überdenken: Schon über AGs, Projekte oder Beiräte nachgedacht?

Bisher lag Ihr Fokus darauf, was der Verein braucht? Das geht vielen so! Versuchen Sie stattdessen, die Freiwilligen in den Blick zu nehmen und an deren Interessen anzusetzen. Der Ehre wegen tritt heute fast niemand mehr ein Ehrenamt an … Fragen Sie sich:

  • Warum könnte ein freiwillig Engagierter bei uns Zeit verbringen wollen?
  • Was braucht er?
  • Was hat er davon?
  • Wie können wir dafür sorgen, dass das Engagement ihm Freude bereitet und wie können wir es bei uns möglichst attraktiv gestalten?

Unterschätzen Sie nicht den Effekt, wenn positiv über Sie gesprochen wird. Das „Hören-Sagen“ ist immer noch das stärkste Mittel, wenn es um freiwilliges Engagement geht!

Das 1x1 der Freiwilligenkoordination:

  • Angebote formulieren
  • Ansprechend ansprechen („Schrankgeflüster“ statt „Kleiderkammer“)
  • Ansprechperson
  • Anerkennung, z. B. Zertifizierung der ehrenamtlichen Tätigkeit
  • Gute Begleitung, Entwicklung ermöglichen und unterstützen

Eva-Maria Antz, Referentin für bürgerschaftliches Engagement aus Brühl in NRW

Jugend in den Blick nehmen

Mehr jugendliches Engagement? Ein schwieriges Thema für viele Vereine! Haben Sie schon eine Jugendvertretung, damit junge Menschen im Vorstand Gehör finden? Ihre Angebote werden von den Jugendlichen nicht angenommen? Entwickeln Sie mit den jungen Menschen gemeinsam. Schon mal an Podcasts produzieren, Social Media, Apps entwickeln oder digitale Vereinsmedien gedacht?

Neue Engagementformen entwickeln

Manchmal muss man auch völlig umdenken und alten Strukturen Lebewohl sagen, um weiterzukommen. Ein paar Anregungen für neue Engagementformen:

  • „Ehrenamtslotsen“ weisen bei Veranstaltungen auf Engagement-Möglichkeiten hin
  • Für neue Engagements kooperieren: z. B. Gemeinschaftsgarten im Stadtteil
  • Formen, Formate und Orte verändern (z. B. Kaffeemobil als anderes Begegnungscafé)
  • Öffnen Sie sich digitalen Formaten – Sie entscheiden, welche zu Ihnen passen!

Die Werbetrommel rühren

Wie bekannt sind Sie in Ostbelgien? Noch Luft nach oben? Klingt banal, aber: Potenzielle Ehrenamtliche müssen Sie kennen, um zu Ihnen zu kommen. Deshalb kann es eine gute Idee sein, die Kanäle für die Suche nach Ehrenamtlichen zu vervielfältigen. Öffentlichkeitsarbeit muss nicht teuer oder kompliziert sein, um zu wirken. Ein ausgewählter Social-Media-Kanal und an geeigneter Stelle „darüber reden“ bringen Sie bereits ein ganzes Stück weiter. Auch die Presse kann ein Partner sein: Vielleicht schlagen Sie ein Interview über Ihren Verein vor und bringen die Möglichkeiten für freiwilliges Engagement an? Dies ist auch eine wunderbare Möglichkeit, über die aktuellen Ehrenamtlichen zu sprechen und ihnen zu danken.

Und denken Sie daran: Nicht der Vorstand muss alle Arbeiten erledigen. Delegieren Sie! Wer kann es gut, hat Lust und ein bisschen Zeit? Lassen Sie diese Person z. B. die sozialen Medien bespielen. Auch wenn dies bedeutet, ein Stückchen Kontrolle abzugeben.

Weitere Anregungen finden Sie in den weiterführenden Links.