Beziehung und Kommunikation

Thomas (16): „Mein Vater hat sich fast nie um mich gekümmert. Vor Kurzem hat er noch mal ein Kind bekommen, wieder einen Sohn. Ich habe bei ihm den Eindruck, dass ich nur der erste Entwurf war, und jetzt hat er sein Meisterstück geschaffen. Letzens, als ich abends nach Hause kam, hätte ich das kleine Wunderkind fast geweckt. Mein Vater ist total ausgerastet. Es fehlte nicht viel, und er hätte mich rausgeschmissen. Ich glaube, ich haue sowieso demnächst ab.“

Wieso sitzt er auch die halbe Nacht da und wartet auf mich? Ich habe ihm gesagt, dass ich auf eine Party gehe und spät nach Hause komme, reicht ja schon die Dreistigkeit, dass er mir ein „Zeitlimit“ gegeben hat, keine Ahnung, warum der mit so einem Quatsch auf einmal kommt. Außerdem bin ich keine 10 mehr und kann schon sehr gut auf mich selber aufpassen. Wenn das Wunderkind mal älter sein sollte, darf es bestimmt sowieso viel mehr als ich jetzt. Sowieso verstehe ich nicht, warum der Alte sich auf einmal so um mich schert. Als sich meine Eltern getrennt haben, war er schließlich auch nie wirklich für mich da, sogar vorher schon hatte ich den Eindruck, dass er eh nur arbeiten gewesen ist und keine Zeit hatte für unsere Familie.

Herr K. (47): „Da werden manchmal zwei Dinge vermischt: Schikane und Verbot. Als ob ich Thomas schikanieren wollte, wenn ich ihm mal was verbiete. Ich sehe doch, dass es ihm hilft, wieder zu sich zu kommen, wenn ich klare Ansagen mache und entschlossen bleibe.“

Ok, begeistert war ich nicht, dass Thomas dieses Wochenende wieder Party machen wollte, da seine schulischen Leistungen nachlassen und es sein ganzes Taschengeld in Alkohol investiert und sich wundert, wenn am Monatsende kaum noch was übrig ist. Aber verbieten kann ich es ihm auch nicht, dann haut er ab. Von daher scheint mir der Kompromiss mit dem Zeitlimit ganz sinnvoll.

Ich wollte ihn auch nicht kontrollieren, konnte aber selber nicht schlafen und war halt noch wach, als er zurückkam. Was aber wiederum ein Glück war, so besoffen, wie er wieder rumtorkelte und Krach machte, ich wollte ihn nur um Ruhe bitten, da ja meine Frau und Felix schon längst am Schlafen waren.

Ich weiß manchmal nicht weiter bei Thomas. Gerade Jugendliche fragen sich ihre Grenzen doch ein, aber wenn sie dann gesetzt werden, rebellieren sie doch wieder. Ich denke auch, dass Thomas zusätzlich sehr eifersüchtig auf unsere neue Familie und besonders Felix ist, wozu er aber keinen Grund haben sollte. Aber es stimmt schon, früher hatte ich nicht viel Zeit für die Familie, da ich, um unser Haus abbezahlen zu können, viel und lange gearbeitet habe. Diesbezüglich stehen wir heute schon besser da und ich kann mehr Zeit in die Familie investieren. Vielleicht sollte ich auch jetzt mehr Zeit in Thomas investieren.

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