Hinlauftendenz: wenn Menschen mit Demenz verschwinden

Bei Demenz ist das Gedächtnis der Person eingeschränkt. Dadurch kann es zu zeitlichen und räumlichen Orientierungsschwächen kommen. Die Person findet sich dann oft in ihrer gewohnten Umgebung nicht mehr zurecht. Sie verirrt sich, da sie ihr eigentliches Ziel oder den Weg nach Hause nicht mehr findet.

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Das Verfahren beschreibt die genaue Vorgehensweise, im Falle, dass die Person vermisst wird. Dieser Ablauf wurde mit den Polizei-Zonen Weser-Göhl und Eifel abgesprochen. Es ist somit ein einheitliches Verfahren für ganz Ostbelgien. Es kann sowohl im stationären (Wohn- und Pflegezentren für Senioren und Krankenhäuser), als auch im häuslichen Bereich angewendet werden.

Hierzu wurde ein Dokument mit Informationen über die Person mit Hinlauftendenz entwickelt. Dieses Dokument beinhaltet zum Beispiel

  • sein Aussehen
  • den Ort, an dem die Person früher gelebt oder gearbeitet hat
  • Orte, an denen sie sich gerne aufhält
  • ein aktuelles Foto
  • u.v.m.

Außerdem enthält es wichtige medizinische Informationen sowie Angaben zu den Kontaktpersonen. 

Das Verfahren wurde in Zusammenarbeit mit der Steuerungsgruppe zur Umsetzung der Demenzstrategie der Deutschsprachigen Gemeinschaft entworfen. Bei der Ausarbeitung hat man sich an den zwei bereits bestehenden Verfahren in Belgien inspiriert, dem „Protocol Disparition Seniors à Domicile“ der Alzheimer Liga und dem „Vermisst@Hekla“ aus Flandern.

Was ist eine Hinlauftendenz?


Menschen mit Demenz sind oft unruhig und haben einen erhöhten Bewegungsdrang. Im Volksmund spricht man oft davon, dass sie weglaufen oder „ausbüchsen“. Eigentlich muss man aber von einem „Hinlaufen“ reden, da die Person sich mit einem Ziel auf den Weg macht. Die Person hat den Drang, etwas Bestimmtes zu erledigen. Sie macht sich auf die Suche nach bestimmten Dingen oder auf den Weg zu vertrauten Orten. Dies können zum Beispiel ein ehemaliger Wohnort oder ein früherer Arbeitsplatz sein.

Wie geht man vor, wenn die Person vermisst wird?

Wenn man das Verschwinden der Person mit Hinlauftendenz feststellt, sollte man erst die nähere Umgebung nach ihr absuchen. In den meisten Fällen befindet sie sich nämlich im Haus, Garten oder in der Nachbarschaft. Wenn die Person nach 20 Minuten jedoch nicht gefunden wurde, sollte die Polizei umgehend kontaktiert werden. 

Bei Benachrichtigung wünscht die Polizei, das Dokument per E-Mail zu erhalten. Aus diesem Grund steht das Dokument auch als elektronische Version zur Verfügung, damit es einfach ausgefüllt und verschickt werden kann. Zusätzlich möchte die Polizei das Dokument vor Ort in Papierformat erhalten.

Bevor das Dokument der Polizei zugesendet wird, müssen noch die letzten, offenen Fragen des Informationsdokumentes ausgefüllt werden. Dazu gehören zum Beispiel die Kleidung, die die Person zum Zeitpunkt des Verschwindens trug, oder der Inhalt des letzten Gespräches mit der Person.

Wieso benötigt man dieses Verfahren bei Vermissen eines Menschen mit Hinlauftendenz?

Um die Suche nach dem Menschen mit Hinlauftendenz zu vereinfachen, benötigt die Polizei präzise Angaben wie zum Beispiel das Aussehen der Person, Orte, an denen sich die Person gerne aufhält und die mit Erinnerungen verbunden sind, seine Gewohnheiten, …
Bei einem Verschwinden sind die Angehörigen oder das betroffene Personal des Wohn- und Pflegezentrums für Senioren oftmals mit der Situation überfordert. Sie können die wichtigen Informationen nicht schnell genug liefern.

Das Verfahren dient daher als Vorsorge für solche Situationen. Da es eine genaue Vorgehensweise gibt und alle wichtigen Informationen enthält, gewinnt man wertvolle Zeit. Außerdem kann die Suche dadurch professionell ablaufen.

Für wen ist das Verfahren bei Vermissen von Menschen mit Hinlauftendenz vorgesehen?

Jeder, der sich angesprochen fühlt, kann auf das Dokument zum Verfahren bei Vermissen von Menschen mit Hinlauftendenz zurückgreifen.

Bezugspersonen können einer betroffenen Person ans Herz legen, sich mit dem Dokument zu beschäftigen und sie beim Ausfüllen unterstützen.

Wo ist das Dokument bei Vermissen von Menschen mit Hinlauftendenz erhältlich?

Das Dokument ist an folgenden Orten erhältlich:

  • Dienstelle für selbstbestimmtes Leben
  • Hausärzte
  • Krankenkassen
  • ÖSHZ
  • Dienste der häuslichen Hilfe: VoG Familienhilfe und SAFPA
  • Info-Demenz Eifel
  • Patienten Rat und Treff
  • Landfrauen Verband
  • Josephine Koch Stiftung

Außerdem kann man es hier im Downloadbereich sowie auf der Internetseite „Leben mit Demenz“ als PDF-Datei heruntergeladen werden.

Wer füllt das Informationsdokument aus?

Das Informationsdokument sollte von der betroffenen Person selbst mit Hilfe einer Bezugsperson ausgefüllt werden.

Wo und wie wird das Dokument aufbewahrt?

Im häuslichen Bereich sollte das Dokument bei dem Menschen mit Hinlauftendenz in einer Dose im Kühlschrank aufbewahrt werden. Damit diese Dose auf den ersten Blick für die Suchenden erkennbar ist, sollte diese mit dem offiziellen Aufkleber des Verfahrens versehen werden. Die Dose sollte keine auffällige Farbe haben, damit die Aufmerksamkeit der Person mit Hinlauftendenz nicht auf die Dose gelenkt wird. 

Zusätzlich sollte(n) die Bezugsperson(en) eine Kopie des Informationsdokumentes besitzen.
Im stationären Bereich sollte das Dokument in der Bewohnerakte aufbewahrt werden.

Wie oft wird das Dokument aktualisiert?

Das Dokument sollte alle 6 Monate eine Bezugsperson oder ein Mitarbeiter (im stationären Bereich) inhaltlich prüfen und gegebenenfalls aktualisieren. Außerdem soll alle 3 Jahre ein neues Foto in das Dokument eingefügt werden. Sollte sich die Person jedoch äußerlich stark verändern, soll das Foto natürlich schnellst möglich aktualisiert werden.