Sitzung vom 4. Mai 2023

Erlass der Regierung zur vorläufigen Unterschutzstellung als Ensemble des Schlosses Lontzen infolge einer Neubewertung

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet den Erlass zur vorläufigen Unterschutzstellung als Ensemble des Schlosses Lontzen infolge einer Neubewertung. 

Die Ministerin für Kultur und Sport, Beschäftigung und Medien wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Am 23. Januar 2023 hat die zuständige Ministerin einen Vorschlag auf Neubewertung des Schlosses Lontzen eingereicht.

Nachdem ein Antrag vollständig vorliegt, entscheidet die Regierung innerhalb von zwölf Monaten über die Einleitung des Verfahrens zur Neubewertung. 

Die Königliche Denkmal- und Landschaftsschutzkommission überprüfte den Vorschlag zur Neubewertung und gab am 30. Januar 2023 ein günstiges Gutachten ab. 

2.1. Begründung zur Neubewertung:

  1. Materielle Fehler im bestehenden Unterschutzstellungserlass: Plan und Parzellennummer 

Durch den Ministeriellen Erlass der Wallonischen Region vom 9. Dezember 1991 wird „die Gesamtheit der Gebäulichkeiten des Schlosses Lontzen mitsamt dem Park“ als Landschaft unter Schutz gestellt. Im Erlass werden die betroffenen Parzellennummern aufgelistet und auf einen Plan verwiesen, auf dem die geschützte Landschaft grün umrandet ist. Der einzig auffindbare Plan in der Akte datiert aus dem Jahr 1990 und war eigentlich ein Anhang zu einem Schreiben im Zuge des Unterschutzstellungsverfahrens. Darin sind in drei verschiedenen Farben zwei unterschiedliche Flächen eingezeichnet. Der Plan kann somit nicht eindeutig dem Unterschutzstellungserlass zugewiesen werden. Es gibt bis auf den Satz „Die Landschaft ist auf beiliegendem Plan grün umrandet“ keinen anderen Hinweis. Zudem stimmen die angegebenen Parzellennummern des Erlasses nicht mit den Parzellennummern des Plans überein. 

  1. Formfehler bei der Unterschutzstellung 

Es fehlt in der Akte der Nachweis, dass der Unterschutzstellungserlass nach seiner Veröffentlichung im Belgischen Staatsblatt beim Hypothekenamt hinterlegt wurde. Dieser Verwaltungsakt hätte laut Gesetzgebung erfolgen müssen. Das Unterlassen der Benachrichtigung kann einen negativen Einfluss auf die korrekte Informationsübermittlung haben, beispielsweise bei neuen Eigentümern im Rahmen der notariellen Beurkundung.

  1. Materieller Fehler im Abänderungserlass des Unterschutzstellungserlasses: Plan  

Der Erlass vom 19. Juli 2013 ändert den Unterschutzstellungserlass ab, indem ein Schutzbereich eingefügt wird. Dem Erlass wird zur Verdeutlichung des Schutzbereiches ein Plan angefügt. In diesem Plan wird die geschützte Landschaft in grün eingezeichnet. Durch diesen Plan bleibt die Situation weiterhin unklar, welche Fläche die geschützte Landschaft hat, da sie von der im ersten Plan in grün umrandete Fläche abweicht.

  1. Abänderung der Bezeichnung „Landschaft“ 

In der heutigen Gesetzgebung wurde der Begriff „Landschaft“ durch „historische Kulturlandschaft“ ersetzt. Eine „historische Kulturlandschaft“ ist laut dem Dekret vom 23. Juni 2008 ein gemeinsam von Mensch und Natur geschaffenes Gebiet, dessen Gestaltung teilweise baulicher oder teilweise nutzungsbedingter Natur ist, unter der Voraussetzung eines ausreichend zusammenhängenden Ganzen, das eine topografische Abgrenzung ermöglicht und durch seinen archäologischen, ästhetischen, historischen, künstlerischen, kulturellen, volkskundlichen, wissenschaftlichen, sozialen oder technischen Wert von allgemeinem Interesse ist. Sie ist beispielhaft für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und Ansiedlung im Verlauf der Zeit unter dem Einfluss der physischen Beschränkungen und/oder Möglichkeiten, die ihre natürliche Umwelt aufweist, sowie der von außen und von innen einwirkender Abfolge von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Kräften.

Die historische Kulturlandschaft ist demnach eher ein größeres zusammenhängendes Gebiet. 

Der Begriff des „Ensembles“ eignet sich als neue Bezeichnung für das vorliegende Gut eher. Ein „Ensemble“ ist eine Gruppierung mehrerer Denkmäler, einschließlich des durch sie eingefassten Raumes und gegebenenfalls ihre Umgebung und die Bestandteile dieser Umgebung, selbst wenn nicht bebaut, unter der Voraussetzung, dass all diese ein ausreichend zusammenhängendes Ganzes bilden, das eine topographische Abgrenzung ermöglicht und durch seinen archäologischen, ästhetischen, historischen, künstlerischen, kulturellen, volkskundlichen, wissenschaftlichen, sozialen oder technischen Wert von allgemeinem Interesse ist.

  1. Inhaltliche Neubewertung 

Der Erlass zur Unterschutzstellung gibt an, dass die Gesamtheit der Gebäulichkeiten des Schlosses Lontzen mitsamt dem Park geschützt sind. Es gibt darüber hinaus keine Angaben, um welche Teile des Guts es sich präzise handelt.  

In der heutigen Aktenverwaltung hat sich diese ungenaue oder fehlende Bezeichnung des geschützten Guts als hinderlich und erschwerend herausgestellt. Die ungenaue Bezeichnung über die geschützten Teile des Guts kann zu viel Interpretation führen. Ein deutlicher, abgesteckter Rahmen ist für Eigentümer, Nutzer und Behörden förderlicher.

2.2. Beschreibung der Anlage

Schon im 13. Jh. stand anstelle des Herrenhauses ein wehrhafter Wohnturm, der im Laufe der Jahrhunderte mehrfach Eigentümer wechselte. Die Burg wurde zerstört, war in einem ruinösen Zustand und wurde immer wieder teilweise neu aufgebaut oder repariert. In der ersten Hälfte des 18. Jh. wurde die Anlage bis auf wenige Teile der Vorburg abgerissen und anschließend an gleicher Stelle ein Schloss errichtet. Auch das Schloss wechselte mehrfach den Besitzer und wurde schon rund 100 Jahre später wieder durch die damaligen Besitzer, der Familie Grand-Ry, erneuert. Daran erinnert das Familienwappen über dem Haupteingang des Schlosses. Bei einem Brand des Dachstuhls im Juni 1970 wurde das Gebäude zu 70 % zerstört. Ein Streit mit der Versicherung bedingte, dass mit dem Wiederaufbau des Schlosses nicht sofort begonnen werden konnte, sodass es vorerst eine Ruine blieb und zusehends verfiel. 1985 erwarb Josef Schiffer aus Aachen das Anwesen und begann mit der Wiederherstellung. Im Zuge der Arbeiten wurde das Herrenhaus vollständig entkernt, sodass nur noch die Außenmauern stehen blieben. Nach Abschluss des Wiederaufbaus wurde der Dachstuhl des Gebäudes nach altem Vorbild wiedererrichtet und zu sechs Wohneinheiten umgebaut. 

Die ehemalige Vorburg mit Stallungen und Wirtschaftsgebäuden umfasst den Schlosshof dreiseitig. Die Gebäude stammen in ihrer Form im Wesentlichen aus dem 17. Jh. und sind somit die ältesten Elemente des Ensembles. Die Türen und Fenster wurden im 19. und 20. Jh. verändert. Die Gebäude wurden größtenteils zu Wohnungen umgebaut. 

Die Anlage hat eine größere Außenanlage, die sich aus bebauten und unbebauten Elementen zusammensetzt, so eine Lindenallee mit einem alten Baumbestand als Zufahrtsweg, steinerne Tonpfeiler und gusseiserne Säulen mit dazwischenliegendem Gitter, einem Portal mit Rundturm, einem Wassergraben, Stützmauer und Umfassungsmauer, eine Zugangsbrücke zum Herrenhaus mit Geländer und Tor, einen Innenhof mit Brunnen und Pflasterung, einem Park mit Weiher und Baumbestand, Wasserzuläufe für den Wassergraben.

2.3. Ergebnis der Neubewertung

Nach umfassender Betrachtung und nach einer Ortsbesichtigung mit allen Eigentümern setzt sich das Ensemble „Schloss Lontzen“ aus den folgenden schützenswerten Elementen zusammen: 

  1. Herrenhaus 
  • Außenhülle: Fassaden und Dach  
  • Keller mit Gewölben und Sichtmauerwerk 
  • Kleiner Hof mit Pflasterung, Freitreppe und Geländer 
  1. Vorburg 
  • Außenhülle: Fassaden und Dach 
  1. Außenanlagen 
  • Tor an der Straße (Pfeiler + Gitter)  
  • Lindenallee (Zugangsweg) 
  • Portal mit Rundturm und Pflasterung  
  • Wassergraben mit Stützmauer 
  • Umfassungsmauer  
  • Brücke mit Pfeiler, Geländer und Pflasterung 
  • Innenhof mit Brunnen 
  • Pflasterung im Innenhof 
  • Park mit Baumbestand, Weiher und Wasserzulauf 

Elemente ohne besonderen Erhaltenswert für das Ensemble sind: 

  • Bauten im Park (Parzelle 124g + 124h) 
  • Nebengebäude und Wintergarten der Parzelle Nr. 126x    
  • Schuppen und Nebengebäude der Parzelle 126f² 

Das denkmalpflegerische Ziel ist der Erhalt des äußeren Erscheinungsbildes des Schlosses Lontzen (Herrenhaus, Vorburg und Außenanlagen) und Verbesserung der bestehenden Situation durch Restaurierung einzelner Elemente.

Der durch den Erlass vom 19. Juli 2013 festgelegte Schutzbereich wird auf Anmerkung der Eigentümer um eine Parzelle erweitert (Gemeinde Lontzen, Gemarkung 1, Flur C, Nummer 202k).

Der Schutzbereich wird in der Regel festgelegt, um das geschützte Gut vor negativen Einwirkungen durch Bautätigkeit im Umfeld zu schützen. Dabei umfasst der Schutzbereich das unmittelbare Umfeld des geschützten Gutes, wesentliche Sichtachsen und andere Gebiete oder Merkmale, die eine wichtige praktische Rolle spielen, um das Gut und seinen Schutz zu unterstützten. Außerdem wird der Schutzbereich so angelegt, dass die spezifischen kulturlandschaftlichen Merkmale berücksichtigt werden.

Der bestehende Erlass zur Unterschutzstellung des Schlosses Lontzen vom 9. Dezember 1991 und seine Abänderung vom 19. Juli 2013 sollen zur besseren Lesbarkeit aufgehoben und auf Grundlage der Ergebnisse der Neubewertung durch einen neuen Erlass zur Unterschutzstellung ersetzt werden. Der Erlassentwurf befindet sich in der Anlage.

Die Königliche Denkmal- und Landschaftsschutzkommission teilt die Einschätzung und plädiert für eine Neubewertung und eine Aktualisierung der bestehenden Unterschutzstellung. 

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die vorliegende Entscheidung hat keine finanziellen Auswirkungen.

4. Gutachten: 

Das günstige Gutachten der Königlichen Denkmal- und Landschaftsschutzkommission der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 30. Februar 2023 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage: 

Dekret vom 23. Juni 2008 über den Schutz der Denkmäler, Kleindenkmäler, Ensembles und historischen Kulturlandschaften sowie über die Ausgrabungen.