Sitzung vom 27. April 2023

Dekretentwurf zur Schaffung eines Zentrums der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Kinderbetreuung

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in dritter und letzter Lesung den Dekretentwurf zur Schaffung eines Zentrums der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Kinderbetreuung.

Die Ministerin für Bildung, Forschung und Erziehung wird beauftragt, den Entwurf im Parlament zu hinterlegen..

2. Erläuterungen:  

Der Bereich der Kinderbetreuung hat in den letzten Jahren immer weiter an Bedeutung gewonnen. Im gleichen Maße hat sich auch die VoG „Regionalzentrum für Kleinkindbetreuung“, hiernach RZKB genannt, entwickelt, um seiner gesellschaftlichen Rolle, auch in der frühkindlichen Entwicklung, weiterhin gerecht zu werden. Das RZKB treibt seit Jahren seine professionelle Aufstellung voran und ist ein wichtiger Partner der Regierung bei der Umsetzung des Masterplans 2016-2025 für die Kinderbetreuung. Die Regierung ist neben den Gemeinden des deutschen Sprachgebiets ein wesentlicher Partner des RZKB und unterstützt dieses mit beträchtlichen finanziellen Mitteln. Um für die Aktivitäten des RZKB sowie für sein Personal, die konventionierten Tagesmütter/-väter und die Eltern und Kinder in Ostbelgien eine größere Planungssicherheit zu schaffen, soll ein moderner, den heutigen Herausforderungen angepasster, öffentlich-rechtlicher Rahmen geschaffen werden. In diesem Zusammenhang soll ebenfalls für eine finanzielle Absicherung der Kinderbetreuung gesorgt werden. Aus diesen Gründen sieht vorliegendes Dekret die Schaffung einer Einrichtung öffentlichen Interesses, dem „Zentrum der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Kinderbetreuung“, vor. Das Zentrum soll die Aktivitäten des RZKB übernehmen.

Das Zentrum wird einerseits Kinderbetreuung in Anwendung des Dekrets vom 31. März 2014 anbieten, d.h. insbesondere durch einen Tagesmütterdienst, Kinderkrippen und an Standorten der außerschulischen Betreuung. Andererseits wird das Zentrum Aufgaben für die gesamte Kinderbetreuung wahrnehmen, wie beispielsweise die Netzwerkarbeit, die Organisation von Fort- und Weiterbildungen, die Beratung anderer Dienstleister oder das Erstellen von Stellungnahmen in Bezug auf Anerkennungen von selbstständigen Tagesmüttern/-vätern und selbstständigen Co-Tagesmüttern/-vätern.

Neben den Aufgaben und der Arbeitsweise des Verwaltungsrats sieht vorliegendes Dekret vor, dass ein Beirat für Kinderbetreuung geschaffen wird. Dieser berät den Verwaltungsrat in seinen Aufgaben. Darüber hinaus kann der Verwaltungsrat Mitwirkungsgremien schaffen, um das Zusammenwirken aller Beteiligten in den Aufgabenbereichen des Zentrums zu fördern.

Das Dekret regelt die finanzielle Beteiligung der Gemeinden an dem Zentrum. Die bisher mit dem RZKB bestehenden Verträge sollen dadurch ersetzt werden. 

Jedem Personalmitglied des RZKB wird ein Arbeitsvertrag bei dem Zentrum angeboten.  Die Tagesmütter/-väter des RZKB arbeiten heute in einem besonderen Sozialstatut. Dieses Statut hat insbesondere den Nachteil, dass das Einkommen der Tagesmütter/-väter nicht stabil ist und eine unvollständige soziale Absicherung bietet. Wird ein Kind nicht zur Betreuung gebracht, erhalten sie nur eine sehr geringe Entschädigung. Jedoch kann es in manchen Situationen für die/den Tagesmutter/-vater interessanter sein, weiterhin als konventionierte/-r Tagesmutter/-vater zu arbeiten. Mit der Schaffung des Zentrums haben deshalb alle konventionierten Tagesmütter/-väter die Wahl als Arbeitnehmer eingestellt zu werden oder als konventionierte Tagesmütter/-väter für das Zentrum zu arbeiten. 

Das Dekret regelt die Datenverarbeitung durch das Zentrum im Rahmen seiner Aufträge. Für die Wahrnehmung der Aufgaben als Dienstleister verarbeitet das Zentrum die Daten in Anwendung des Dekrets vom 31. März 2014 über die Kinderbetreuung. Vorliegendes Dekret aktualisiert die Datenschutzbestimmungen dieses Dekrets vom 31. März 2014. 

Das Dekret tritt in zwei Phasen in Kraft. Damit die Einrichtung bereits vor der Übernahme ihrer Aufgaben gewisse vorbereitende Tätigkeiten übernehmen kann, wie z.B. den Personalmitgliedern der VoG RZKB Vertragsangebote machen, wird vorgesehen, dass einige Artikel zum 1. Juni 2023 in Kraft treten, sodass das Zentrum ab Juni 2023 besteht. Die Regierung legt das Inkrafttreten der restlichen Artikel fest. 

Im Vergleich zur zweiten Lesung und nach Erhalt des Gutachtens des Staatsrats wurden neben legistischen Vorschläge des Staatsrates vor allem folgende Änderungen vorgenommen: 

  • Zusätzliche Aufgabe des Zentrums: Das Zentrum wird Einkommen feststellen können von Erziehungsberechtigten, die ihre Kinder durch andere Dienstleister betreuen lassen. Auch die entsprechenden Datenschutzbestimmung werden eingefügt. Das erlaubt es der Regierung Zuschüsse festzulegen, die Dienstleister erhalten, wenn sie die Einkommen der Erziehungsberechtigten durch das Zentrum feststellen lassen und einkommensabhängige Tarife anwenden.  
  • Es wird präzisiert, dass das Zentrum Fort- und Weiterbildungen für alle in der Kinderbetreuung tätigen Personen organisiert, jedoch nicht bezuschusst. 
  • Die Datenkategorie „besonders schützenswerte Daten“ wird präzisiert. 
  • Die Bestimmungen in Bezug auf die Übernahme des Direktors der VoG RZKB als geschäftsführender Direktor des Zentrums und das Ausüben der Aufgaben des geschäftsführenden Direktors bis zum Inkrafttreten des Dekrets werden gestrichen, da die VoG RZKB aktuell nicht über einen Direktor verfügt. Die Stelle des geschäftsführenden Direktors soll schnellstmöglich nach Verabschiedung des vorliegenden Dekrets ausgeschrieben werden.  
  • Da die Kleinkindbetreuung bis zum Medianeinkommen und die außerschulische Betreuung kostenlos werden soll, wird im Dekret vom 31. März 2014 über die Kinderbetreuung die Definition von Kinderbetreuung angepasst. Sie bestimmt nicht mehr, dass Kinderbetreuung gegen Entgelt erfolgt und legt fest, dass Aktivitäten mit dem Hauptzweck Bildung oder Unterricht, Jugend, Jugendhilfe, Kultur, Tourismus oder Sport nicht als Kinderbetreuung gelten. 
  • Es wird festgelegt, dass für alle volljährigen Personen sind, die regelmäßig Kontakt zu den betreuten Kindern haben, ein Auszug aus dem Strafregister vorliegen muss. Andererseits wird die Bezeichnung des erforderten Auszuges angepasst. Der vorher verwendete Begriff „Modell 2“ ist veraltet. Schließlich wird verdeutlicht, dass nicht nur ein Auszug aus dem Strafregister vorliegen muss, sondern dass dieser Auszug keinen Eintrag enthält, der eine Tätigkeit mit Kindern untersagt. 

3. Finanzielle Auswirkungen:

Durch vorliegenden Dekretentwurf wird ein öffentliches Zentrum für Kinderbetreuung geschaffen. Die Dotation an dieses Zentrum wird die Bezuschussung der VoG RZKB ersetzen.

Davon ausgehend, dass alle Mitarbeiter und konventionierten Tagesmütter/-väter ein Angebot für das Zentrum zu arbeiten annehmen, entstehen durch die Einstufung der Personalmitglieder in die Baremen des öffentlichen Dienstes Mehrkosten, da das neue Lohnpaket gezahlt wird, wenn es vorteilhaft ist oder ansonsten das vorherige Lohnpaket beibehalten bleibt. Außerdem entstehen Mehrkosten, da bis zu 67 konventionierte Tagesmütter/-väter in ein Arbeitnehmerstatut wechseln können. Um die Mehrkosten zu beziffern, ist es einerseits notwendig per Erlass der Regierung zu definieren, unter welchen Bedingungen und in welchen Stufen die verschiedenen Mitarbeiter entlohnt werden oder welche Entschädigung die Tagesmütter/-väter im Arbeitnehmerstatut für das Nutzung ihrer Wohnung erhalten werden und andererseits ist für jeden einzelnen Mitarbeiter das heutige Lohnpaket/die heutige Entschädigung mit dem so entstehenden neuen Lohnpaket zu vergleichen. Bis zur Verabschiedung des Erlasses der Regierung, der das Statut für das Zentrum anwendbar macht, können die Mehrkosten deshalb nur sehr grob geschätzt werden. Anhand eines Vergleiches, der durch die VoG RZKB im NKS-Kataster hinterlegten Gehaltsinformationen mit den öffentlichen Baremen und aufgrund der Anzahl Tagesmütter gehen wir aus von rund 220.000 EUR Mehrkosten für die heutigen Arbeitnehmer und rund 1.500.000 EUR für die Tagesmütter/-väter, wenn diese alle in ein Arbeitnehmerstatut wechseln.

Laut dem Haushalt 2023 der VoG RZKB beteiligen sich die Gemeinden mit rund 720.000 EUR an der Kinderbetreuung. Durch die Deckelung der finanziellen Beteiligung der Gemeinden an der Kinderbetreuung auf 400.000 EUR entstehen somit Mehrkosten in Höhe von 320.000 EUR.  

Es entstehen somit, unter Berücksichtigung der erwähnten Einschränkungen bei der Errechnung der Kosten, insgesamt Mehrkosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft in Höhe von 2.040.000 EUR.

Eine Zielgruppenermäßigung für die konventionierten Tagesmütter/-väter führte im Jahr 2021 zu Kosten in Höhe von 155.916 EUR zu Lasten der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Bereich Beschäftigung. Da diese Zielgruppenermäßigung aufhoben wird, sind entsprechend weniger Mittel im Bereich Beschäftigung und entsprechend mehr Mittel im Bereich Kinderbetreuung vorzusehen. Dies führt nicht zu zusätzlichen Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten: 

Das Gutachten des Staatsrats liegt vor. 

5. Rechtsgrundlage: 

  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 5 §1 II Nummer 1; 
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4 §2