Sitzung vom 13. April 2023

Dekretentwurf zur Einrichtung eines Fonds für zinslose Darlehen an Auszubildende, Studierende und Schüler in Mangelberufen

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in zweiter und letzter Lesung den Dekretentwurf zur Einrichtung eines Fonds für zinslose Darlehen an Auszubildende, Studierende und Schüler in Mangelberufen.

Die Ministerin für Bildung, Forschung und Erziehung wird beauftragt, den Dekretentwurf dem Parlament zu übermitteln. 

2. Erläuterungen: 

Zu den wichtigsten Zukunftsthemen für Ostbelgien gehört der Fachkräftemangel, der eine große Gefahr für unseren Standort ist. Durch die Einführung eines Systems des zinslosen Darlehens soll dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden: Es sollen mehr Kandidaten für ein Studium oder eine Ausbildung in sogenannten Mangelberufen gewonnen und gleichzeitig an den Standort Ostbelgien gebunden werden.

Zur Gewährung dieser zinslosen Darlehen wird ein Haushaltsfonds geschaffen. Über diesen Fonds kann Studierenden oder Auszubildenden, die an einer von der Deutschsprachigen Gemeinschaft anerkannten Hochschuleinrichtung eingeschrieben sind bzw. über das IAWM einen Ausbildungsvertrag mit einem anerkannten Ausbildungsunternehmen abgeschlossen haben, sowie Schülern im 7. Jahr des berufsbildenden Sekundarunterrichts unter bestimmten Bedingungen ein Darlehen gewährt werden.

Ein zinsloses Darlehen kann nur für Studiengänge, Studienrichtungen oder Ausbildungen in einem Mangelberuf gewährt werden. Der Beschäftigungsminister erstellt jährlich auf Vorschlag des Arbeitsamtes eine Liste der Mangelberufe. Auf dieser Grundlage erstellt die Regierung eine Liste der Studiengänge, Lehr- und Meistervolontariatsprogramme sowie Studienrichtungen des Regelsekundarschulwesens in diesen Mangelberufen, die zur Beantragung eines Darlehens berechtigen. Wurde ein erster Antrag auf Aufnahme eines Darlehens gewährt, besteht dieses Anrecht bis zum Abschluss des Studiums oder der Ausbildung, auch wenn das Studienprogramm oder die Ausbildung zwischenzeitlich nicht mehr auf der Mangelberufsliste stehen. 

Das erhaltene Darlehen muss nicht zurückgezahlt werden, wenn die Darlehensnehmer in einem Zeitraum von zehn Jahren nach Abschluss ihres Studiums oder ihrer Ausbildung während mindestens fünf Jahren mindestens einer Halbtagsbeschäftigung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft nachgehen.

Das zinslose Darlehen muss jährlich beantragt werden und wird monatlich ausgezahlt. Die Frist für das Einreichen des Antrags ist der 15. November. Die Frist für Zu- oder Absagen wird auf den 31. Dezember gelegt.

Das Gutachten der Datenschutzbehörde beinhaltet lediglich eine allgemeine Stellungnahme, die an die wichtigsten Anforderungen bezüglich der Verarbeitung personenbezogener Daten erinnert, die jeder Rechtstext erfüllen muss.

Der Dekretvorentwurf war Gegenstand folgender Bemerkungen des Staatsrats:

  1. Der Staatsrat empfiehlt kleine Präzisierungen in mehreren Bestimmungen. Die Empfehlungen wurden Folge geleistet und in den Artikeln 1, 3, 4, 7, 8, 10 und 15 wurden Sätze oder Wortfolgen ergänzt, ersetzt oder ausgelassen.  
  2. Artikel 8 §4 sieht vor, dass Formen der freiwilligen Verkürzung der Arbeitszeit oder vollzeitige Arbeitsunterbrechung, so wie eine Laufbahnunterbrechung, ein Zeitkredit oder ein thematischer Urlaub nicht als geleistete Arbeit zählen. So muss eine Person, die während der Erfüllung der Verpflichtung ihre berufliche Tätigkeit für drei Monate unterbricht, diese drei Monate zusätzlich leisten. Auch der Zeitraum von zehn Jahren, um die Verpflichtung zu erfüllen, wird entsprechend verlängert. 
    Der Staatsrat empfiehlt, den Begriff „thematischer Urlaub“ zu präzisieren. Dieser Empfehlung wurde Folge geleistet und die verschiedenen Formen des thematischen Urlaubs wurden in Artikel 8 §4 aufgelistet.  
  3. Artikel 13 des Vorentwurfs legte Verjährungsregel für die Rückforderung unrechtmäßig ausgezahlter Stipendien fest.  

Der Staatsrat weist darauf hin, dass, gemäß Artikel 15 des Gesetzes vom 16. Mai 2003 zur Festlegung der für die Haushaltspläne, die Kontrolle der Subventionen und die Buchführung der Gemeinschaften und Regionen sowie für die Organisation der Kontrollen durch den Rechnungshof geltenden allgemeinen Bestimmungen, die Verjährungsregeln des allgemeinen Rechts auf die Gemeinschaften und Regionen anwendbar sind. Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist deshalb nicht zuständig für die Verabschiedung von Artikel 13.

Demzufolge wurde Artikel 13 aus dem Dekretvorentwurf gestrichen.

  1. Die Artikel 14 bis 18 (jetzige Artikel 13 bis 17) sehen die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen der entworfenen Regelung vor und berühren somit das Recht auf Privatleben. 

Der Staatsrat weist diesbezüglich darauf hin, dass die Kategorien von Personen, die zu den verarbeiteten Daten Zugang haben, nicht bestimmt werden und dass der Vorentwurf in diesem Punkt ergänzt werden soll.

Dieser Kommentar wurde zur Kenntnis genommen. Die konkrete Aufschlüsselung von Kategorien von Personen, die Zugang zu den verarbeiteten Daten haben, wird auf Erlassebene vorgenommen. Dem Legalitätsprinzip wird aus Sicht der Autoren somit Genüge getan. 

Das Inkrafttreten ist für den 1. Juli 2023 vorgesehen.

3. Finanzielle Auswirkungen:

In Anlehnung an das System der Mindestentschädigung, die ein Arbeitgeber seinen Lehrlingen gemäß Artikel 15 Nummer 16 des Erlasses der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 4. Juni 2009 zur Festlegung der Ausbildungsbedingungen für mittelständische Lehrlinge und Ausbildungsbetriebe auszahlt, wird das zinslose Darlehen in monatlichen Beträgen von 350 Euro für die Dauer der Regelstudienzeit bzw. der Ausbildung ausgezahlt. Eine Verlängerung von maximal einem Jahr ist jedoch möglich.

Studierende im ersten Studienjahr und Auszubildende im ersten Lehrjahr können ab dem Monat September ein Darlehen aufnehmen.

Am 15. November 2022 waren 228 Studierende an der Autonomen Hochschule Ostbelgien, 256 Auszubildende am Institut für Aus- und Weiterbildung des Mittelstands und 45 Schüler im 7. Jahr des berufsbildenden Sekundarunterrichts eingeschrieben, die ein Anrecht auf das Darlehen gehabt hätten, wenn das System bereits bestanden hätte.

Auf Basis dieser Zahlen hätten sich die Ausgaben im Schuljahr 2022-2023 auf 2.082.500 Euro belaufen, wenn alle Antragsberechtigten einen Antrag gestellt hätten.

In Bezug auf den Haushalt 2023 würden sich die Ausgaben auf der Basis der Anzahl Antragsberechtigten aus dem Schuljahr 2022-2023 für die Monate September bis Dezember auf 740.600 EUR belaufen.

Neben der Tatsache, dass wegen der damit einhergehenden Verpflichtung nicht alle potenziellen Darlehensnehmer einen Antrag einreichen werden, sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: 

  • die Regierung kann den Betrag indexieren;  
  • die mögliche Zunahme an Personen, die sich in einem Mangelberuf ausbilden lassen möchten; 
  • die für 2023-2024 geplante Einführung eines Bachelor-Studiengangs in Sozialer Arbeit an der AHS, die ebenfalls zu einer Erhöhung der Antragsberechtigten führt. 

4. Gutachten:

Liegen vor: 

  • das Gutachten der Datenschutzbehörde Nr. 30/2023 vom 9. Februar 2023. 
  • das Gutachten des Staatsrates Nr. 73.018/2 vom 1. März 2023, 

5. Rechtsgrundlage:

  • Artikel 130 der Verfassung 
  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen 
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft