Sitzung vom 2. März 2023

Dekretvorentwurf zur Einrichtung eines Dienstes mit getrennter Geschäftsführung „Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben“ und zur Auflösung der entsprechenden Einrichtung öffentlichen Interesses

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf zur Einrichtung eines Dienstes mit getrennter Geschäftsführung „Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben“ und zur Auflösung der entsprechenden Einrichtung öffentlichen Interesses.

Die Regierung beschließt, das Gutachten des Verwaltungsrats der Dienstelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben zu beantragen.

Die Regierung beschließt, den Vorentwurf dem Sektorenausschuss XIX der Deutschsprachigen Gemeinschaft zwecks Verhandlung vorzulegen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten des Pensionsministers zu beantragen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Datenschutzbehörde zu beantragen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten des Wirtschafts- und Sozialrats der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu beantragen.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Hintergrund

Das 2021-2022 durchgeführte Audit der Hauptverwaltung der Deutschsprachigen Gemeinschaft richtete seinen Blick vornehmlich auf die Funktionsweise des Ministeriums. Zum Auftrag der Auditoren gehörte zudem die Begutachtung der Schnittstellen, die das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit den beiden größten Einrichtungen öffentlichen Interesses hat, nämlich mit dem Arbeitsamt der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben. Direkte Folge des Auditberichts ist eine Verwaltungsreform, die seit 2022 umgesetzt wird und sich zumindest teilweise auch auf die Einrichtungen öffentlichen Interesses auswirkt. Hierbei wurden bereits mit dem Ziel der Effizienzsteigerung und der administrativen Vereinfachung die jeweiligen Dienste der drei Behörden für die Bereiche Personalverwaltung, Finanzen und allgemeine IT-Fragen im Januar 2023 zusammengelegt. 

Die Auditoren schlugen in ihrem Bericht zudem vor, ebenfalls mit dem Ziel der Effizienzsteigerung und der administrativen Vereinfachung sowie aufgrund Möglichkeit einer bedeutenden rekurrenten finanziellen Einsparung, die beiden Einrichtungen öffentlichen Interesses in Dienste mit getrennter Geschäftsführung umzuwandeln. Die Regierung nahm diesen Vorschlag zur Kenntnis, beschloss jedoch im Frühjahr 2022, diesen nicht mehr in der laufenden Legislaturperiode aufzugreifen und somit anderen Vorhaben der Verwaltungsreform Priorität einzuräumen.

Im Sommer 2022 äußerten sich jedoch die verschiedenen aufeinanderfolgenden Krisen der letzten Jahre in sich drastisch verschlechternden Wirtschaftsparametern. Aufgrund dieser aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen, die langfristige Folgen haben werden, sind bedeutende rekurrente Einsparungen auch im öffentlichen Dienst zwingend erforderlich. Daher wird seit dem Sommer erneut in allen Zuständigkeitsbereichen der Gemeinschaft nach nachhaltigen Einsparungsmöglichkeiten gesucht. Dies führte mitunter dazu, dass ein Einstellungs- und Ernennungsstopp im Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft erfolgte. Um jedoch nicht Einsparungen auf Ebene der Personalgehälter durchsetzen zu müssen, sollen langfristige Einsparungen durch Anpassungen der Verwaltungsstrukturen erfolgen. So soll die Anzahl der Führungskräfte in den drei Verwaltungen schrittweise reduziert werden. Auch die von den Auditoren vorgeschlagene und erst wenige Monate vorher zeitlich versetzte Umwandlung der beiden genannten Einrichtungen öffentlichen Interesses in Dienste mit getrennter Geschäftsführung geriet erneut in den Fokus.

Die Regierung hat daher entschieden, den Prozess zur Umwandlung der Dienststelle für selbstbestimmtes Leben und des Arbeitsamtes in Dienste mit getrennter Geschäftsführung zu starten. Die neuen Strukturen sollen für den 1. Januar 2024 an den Start gehen, sodass der Einspareffekt bereits ab 2025 erreicht wird.

Neben den finanziellen Einsparungen verspricht sich die Regierung durch diese Umwandlung jedoch auch weitere positive Effekte auf den öffentlichen Dienst der Deutschsprachigen Gemeinschaft:  

1. Die Kräfte des öffentlichen Dienstes können besser gebündelt werden. Die bereits erfolgte Zusammenlegung der Dienste IT, Personal und Finanzen ist beispielhaft für andere übergreifende Aufgaben, in denen die vorhandenen Fachkräfte effizienter eingesetzt werden können. Skaleneffekte können somit entstehen und es kann folgerichtig auch dem Fachkräftemangel begegnet werden. 

2. Hierdurch werden zudem bessere Rahmenbedingungen zur Förderung der internen Mobilität zwischen den Diensten geschaffen, sodass qualifizierte Mitarbeiter an den öffentlichen Dienst insgesamt gebunden und ihnen Entwicklungsmöglichkeiten gegeben werden können, die sie bislang nur eingeschränkt in ihrer bisherigen Organisation wahrnehmen konnten. 

3. Die Umwandlung ermöglicht es der Deutschsprachigen Gemeinschaft, stärker als dies bislang gelang, einen ganzheitlichen Ansatz der Dienstleistungserbringung des öffentlichen Dienstes an den Bürger der Gemeinschaft zu verfolgen.  

4. Folglich entstehen nicht zuletzt auch mit Blick auf künftige Staatsreformen für die Zukunft neue Möglichkeiten von Synergien zwischen den Dienstleistungen der drei Einrichtungen des ostbelgischen öffentlichen Dienstes.

Ändern wird sich mit diesem Dekret, dass die Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben als Dienst mit getrennter Geschäftsführung keine eigene Rechtspersönlichkeit mehr haben und somit auch nicht mehr über einen Verwaltungsrat als oberstes Entscheidungsorgan verfügen wird. Der neu zu schaffende Verwaltungsausschuss wird hingegen die Befugnis erhalten, zu gewissen Sachverhalten begutachtend tätig zu werden. Darüber hinaus kann die Regierung der geschäftsführenden Direktion weitreichende Delegationen auf Entscheidungsebene übertragen. 

Unangetastet bleiben sollen jedoch die Aufgaben und Arbeitsweisen der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben, insbesondere mit Blick auf die Dienstleistungserbringung an die Bürger der Gemeinschaft. Die Beamten der Dienststelle werden mit allen Rechten an die Deutschsprachige Gemeinschaft übertragen und das vertragliche Personal erhält einen Arbeitsvertrag mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft, ebenfalls unter Beibehaltung aller Rechte. Es wird schlussendlich sichergestellt, dass die organisierte Zivilgesellschaft weiterhin an den Entscheidungsprozessen beteiligt bleibt.

Methodologie

Die Umwandlung einer Einrichtung öffentlichen Interesses im Sinne von Artikel 87 des Dekrets vom 25. Mai 2009 über die Haushaltsordnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft in einen Dienst mit getrennter Geschäftsführung im Sinne von Artikel 74 desselben Dekrets setzt eine Reihe von formalen Schritten voraus, die in der richtigen Reihenfolge erfolgen müssen.

Dieses Erfordernis ergibt sich insbesondere durch den Grundsatz der Gewaltentrennung: Während die Schaffung einer Einrichtung öffentlichen Interesses, die über eine eigene, von der Hauptverwaltung getrennte Rechtspersönlichkeit verfügt, eine ausschließliche Zuständigkeit des Dekretgebers ist, wird dies bei der Errichtung eines Dienstes mit getrennter Geschäftsführung anders gehalten: Hier verfügt das Parlament lediglich über die Zuständigkeit, einen bestehenden Dienst als Dienst mit getrennter Geschäftsführung einzurichten; die Schaffung dieses Dienstes und die Organisation desselben (Aufgaben, Strukturen und Personalfragen) sind dagegen eine ausschließlich Befugnis der Exekutiven.

Der Staatsrat weist in diesem Zusammenhang eine ständige Rechtsprechung vor. Beispielweise bei der Schaffung des Dienstes mit getrennter Geschäftsführung „Service und Logistik im Gemeinschaftsunterrichtswesen“ äußerte er sich wie folgt zu dem damaligen Dekretvorentwurf, der letztendlich grundlegend überarbeitet werden musste und zu der Verabschiedung des Dekrets vom 5. März 2013 zur Einrichtung eines Dienstes mit getrennter Geschäftsführung „Service und Logistik im Gemeinschaftsunterrichtswesen“ führte: (Gutachten des Staatsrats Nr. 52.337/2 vom 28. November 2012, Parlamentsdokumente, Sitzungsperiode 2012-2013, Nr. 144/1, S. 9-10) 

„Mit Artikel 1 des Dekretvorentwurfs wird ein Dienst mit getrennter Geschäftsführung im Sinne von Artikel 74 des Dekrets vom 25. Mai 2009 ‚über die Haushaltsordnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft' ins Leben gerufen.  

Artikel 74 des o.a. Dekrets vom 25. Mai 2009 bestimmt: 

„Die Dienststellen der Gemeinschaft, deren Geschäftsführung aufgrund eines Gesetzes oder eines Dekretes von der Geschäftsführung der Dienste der Hauptverwaltung getrennt ist, werden als Dienste mit getrennter Geschäftsführung bezeichnet. 

Der Dienst mit getrennter Geschäftsführung untersteht der hierarchischen Aufsicht des zuständigen Ministers“. 

Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass zur Bezeichnung der in den Anwendungsbereich der durch die Artikel 73 bis 85 desselben Dekrets organisierten Regelung fallenden Dienststellen das Auftreten des Gesetzgebers erforderlich ist. 

Für alles, was nicht durch diese Dekretbestimmungen gedeckt wird, muss die Regierung die Zuständigkeiten, die Organisation und das Funktionieren der als Dienste mit getrennter Geschäftsführung geltenden Dienststellen regeln, da es sich um Dienste der ausführenden Gewalt handelt, die unter die Anwendung von Artikel 87 des Sondergesetzes vom 8. August J980 zur Reform der Institutionen fallen, und deren Geschäftsführung sich nur haushalts- und buchhaltungstechnisch von derjenigen der anderen Dienste der Hauptverwaltung unterscheidet. 

Es steht dem Gesetzgeber nur zu, den Dienst bzw. die Dienste zu bezeichnen, den bzw. die er als Dienst(e) mit getrennter Geschäftsführung einrichten möchte.  

Da für die von den Artikeln 73 bis 85 des o.a. Dekrets vom 25. Mai 2009 organisierte Regelung optiert wird, kommt es dem Gesetzgeber nicht zu: 

- ex nihilo einen als „Service und Logistik im Gemeinschaftsunterrichtswesen" bezeichneten Dienst ins Leben zu rufen und dessen Aufträge festzustellen, wie in den Artikeln 1 und 2 des Dekretvorentwurfs vorgesehen wird; 

- sich in die Geschäftsführung und in das Funktionieren des betreffenden Dienstes einzumischen, wie dies in den Artikeln 3 bis 7 des Dekretvorentwurfs der Fall ist, und demzufolge in die Zuständigkeiten einzugreifen, die der Regierung gemäß Artikel 87 des o.a. Sondergesetzes vom 8. August 1980 erteilt werden. 

Demzufolge sind die Artikel 2 bis 7 des Dekretvorentwurfs auszulassen. 

Außerdem muss erst ein Dienst mit dem Namen „Service und Logistik im Gemeinschaftsunterrichtswesen“ beim Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft durch Regierungserlass eingerichtet werden, bevor die Dekretbestimmung. die diesen Dienst als Dienst mit getrennter Geschäftsführung bezeichnet, verabschiedet wird (Artikel 1 des Dekretvorentwurfs).“

Demzufolge sind für die Schaffung eines Dienstes mit getrennter Geschäftsführung mindestens zwei Schritte erforderlich. Da es sich im vorliegenden Fall um eine Umwandlung einer bestehenden Einrichtung öffentlichen Interesses handelt, die unter der Prämisse erfolgen soll, dass dem neu gegründeten Dienst mit getrennter Geschäftsführung in nahezu identischer Weise die Aufgaben der ehemaligen Einrichtung öffentlichen Interesses zurückgeführt werden, ist ein dritter Schritt vonnöten. Diese Schritte müssen chronologisch nacheinander erfolgen, können aber gleichzeitig zu einem gemeinsamen Stichtag in Kraft treten.

Schritt 1

In einem ersten Schritt muss auf Ebene der Hauptverwaltung der Deutschsprachigen Gemeinschaft per Regierungserlass ein „gewöhnlicher“ interner Dienst eingerichtet werden (siehe letzter Absatz des Auszugs aus dem o.a. Staatsratsgutachten). Dies erfolgt durch den Erlass der Regierung zur Einrichtung des Dienstes „Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben“. Hierbei handelt es sich um eine formale Handlung, die (noch) nicht dazu bestimmt ist, die gleichnamige Einrichtung öffentlichen Interesses aufzulösen oder zu ersetzen. Es ist eher von einer „leeren Hülle“ auszugehen, die dazu bestimmt ist, am Ende des Prozesses zum Dienst mit getrennter Geschäftsführung zu werden.

Schritt 2

In einem zweiten Schritt wird der Dekretgeber eingreifen müssen; dies erfolgt durch den vorliegenden Dekretentwurf. Dem Parlament obliegt es im vorliegenden Fall, neben der Einrichtung des in Schritt 1 erwähnten Dienstes als Dienst mit getrennter Geschäftsführung (Punkt 1) auch eine Reihe von Bestimmungen zu verabschieden, die im Zusammenhang mit der Auflösung der Einrichtung öffentlichen Interesses stehen (Punkt 2). Dieser letztgenannte Unterschritt war bei der Einrichtung des Dienstes mit getrennter Geschäftsführung „Service und Logistik im Gemeinschaftsunterrichtswesen“ im Übrigen nicht vonnöten.

1. Einrichtung eines Dienstes mit getrennter Geschäftsführung: Dieser Schritt wird durch einen einzigen Artikel vollzogen (Artikel 1 des vorliegenden Dekretentwurfs). Es wird lediglich festgehalten, dass der durch den Erlass der Regierung geschaffene Dienst zum gleichnamigen Dienst mit getrennter Geschäftsführung wird. Formal betrachtet ist dies gemäß der Rechtsprechung des Staatsrates die einzige Zuständigkeit, die der Dekretgeber bei der Schaffung von Diensten mit getrennter Geschäftsführung besitzt. 

2. Auflösung der Einrichtung öffentlichen Interesses: Dadurch, dass durch in Punkt 1 geschaffene Dienst mit getrennter Geschäftsführung dazu bestimmt ist, in einer gewissen Weise die Einrichtung öffentlichen Interesses „Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben“ zu ersetzen, und dass die letztgenannte Einrichtung öffentlichen Interesses aufgelöst werden soll, sind weitere Einzelschritte notwendig: 

2.1 Die Einrichtung öffentlichen Interesses muss formal aufgelöst werden (Artikel 2 des vorliegenden Dekretentwurfs). Dies erfolgt auch im Dekret vom 13. Dezember 2016 zur Schaffung einer Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben, indem das Kapitel 2, das den Artikel 5 umfasst, aufgehoben werden soll (Artikel 8 des vorliegenden Dekretentwurfs). 

2.2 Die juristische Person öffentlichen Rechts „Deutschsprachige Gemeinschaft“ nimmt daraufhin die Rechtsnachfolge der Einrichtung wahr (Artikel 3 des vorliegenden Dekretentwurfs). Sie übernimmt die entsprechenden Rechte, Pflichten, Güter und Lasten. Es sei daran erinnert, dass die Einrichtung öffentlichen Interesses über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügte, die getrennt von der „Deutschsprachigen Gemeinschaft“ im engeren Sinne ist. Durch die vorliegende Bestimmung geht diese Rechtspersönlichkeit in der juristischen Person öffentlichen Rechts „Deutschsprachige Gemeinschaft“ auf. 

2.3 Die bei der Einrichtung öffentlichen Interesses beschäftigten Beamten und Bediensteten werden von Amts wegen als Personalmitglieder des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft übernommen (Artikel 4 des vorliegenden Dekretentwurfs). Tatsächlich ist das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Verwaltungsbehörde, die durch die juristische Person öffentlichen Rechts „Deutschsprachige Gemeinschaft“ gebildet wird. Bei der Übertragung der betroffenen Personalmitglieder wird dekretal sichergestellt, dass sie mit ihrem Dienstgrad oder mit einem gleichwertigen Dienstgrad und in ihrer jeweiligen Eigenschaft übernommen werden („Rucksack-Prinzip“). Sie behalten mindestens die Besoldung und das Dienstalter, das sie hatten oder erhalten hätten, wenn sie das Amt, das sie zum Zeitpunkt der Übertragung innehatten, weiterhin in ihrer ursprünglichen Dienststelle ausgeübt hätten. Die Zuordnung dieser Personalmitglieder zum durch den Punkt 1 neu geschaffenen Dienst mit getrennter Geschäftsführung erfolgt in einem Folgeschritt durch den Direktionsrat des Ministeriums. 

2.4 Das Dekret vom 13. Dezember 2016 zur Schaffung einer Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben wird dagegen selbst nach der Auflösung der Einrichtung öffentlichen Interesses nicht in seiner Gänze aufgehoben werden. Tatsächlich umfasst dieses Dekret nicht nur die Bestimmungen zur Schaffung und Organisation der Dienststelle, sondern darüber hinaus inhaltliche Vorgaben zum Themenkomplex des selbstbestimmten Lebens, die derzeit in der Form von Aufträgen an die Dienststelle ausformuliert sind. Beispielsweise ist vorgesehen, dass die Dienststelle die Anerkennung von Dienstleistern vornimmt (Artikel 12 des Dekrets); diesem Artikel ist aber auch zu entnehmen, dass Dienstleister vor Aufnahme ihrer Tätigkeit einer Anerkennung bedürfen. Dieser letzte Aspekt muss nach wie vor dekretal verankert bleiben. Das Dekret vom 13. Dezember 2016 bedarf demnach einer grundlegenden Überarbeitung, darunter insbesondere Folgende: 

2.4.1 Logischerweise muss die Überschrift des Dekrets vom 13. Dezember 2016 ersetzt werden. Das Dekret wird nicht mehr die Schaffung und Organisation der Dienststelle betreffen, sondern hauptsächlich Bestimmungen inhaltlicher Natur. Daher wurde als neue Überschrift „Dekret über Maßnahmen im Bereich des selbstbestimmten Lebens“ gewählt. 

2.4.2 Aufgrund des vorerwähnten Grundsatzes der Gewaltentrennung dürfen die Aufgaben, die die Dienstelle als Einrichtung öffentlichen Interesses bisher gewährleistet hat, nicht unmittelbar durch das Parlament an den Dienst mit getrennter Geschäftsführung „durchgereicht“ werden. Es ist demnach erforderlich, zunächst die Regierung als exekutives Organ mit diesen Aufgaben zu betrauen. Somit wird im Kapitel zu den Aufgaben durchgehend das Wort „Dienststelle“ durch das Wort „Regierung“ ersetzt werden. 

2.4.3 Die Regierung soll allerdings in Schritt 3 (siehe hiernach) die Möglichkeit erhalten, die ihr durch das Dekret zugeteilten Aufgaben per Erlass an den Dienst mit getrennter Geschäftsführung zu übertragen. Dazu ist – weiterhin unter dem Gesichtspunkt der Gewaltentrennung – nur sie befugt. Um aber in diesem Zusammenhang auch relativ weitreichende Übertragungen zu erlauben, soll dies durch einen Vollmachten-Artikel gesichert werden (Artikel 23 des vorliegenden Dekretentwurfs). Dieser ermächtigt die Regierung, die ihr durch das Dekret vom 13. Dezember 2016 und seine Ausführungsbestimmungen erteilten Aufgaben, einschließlich der Entscheidungsbefugnisse, an Dienste oder bevollmächtigte Bedienstete zu übertragen. 

2.4.4 Die in Kapitel 4 des Dekrets vom 13. Dezember 2016 aufgeführten besonderen Gremien der Einrichtung öffentlichen Interesses haben ab dem Zeitpunkt ihrer Auflösung keine Rechtsgrundlage mehr. Von der Tatsache abgesehen, dass manche unter ihnen nicht für Dienste mit getrennter Geschäftsführung vorgesehen sind, steht es dem Dekretgeber aufgrund des vorerwähnten Grundsatzes der Gewaltentrennung nicht zu, die internen Entscheidungsorgane eines Dienstes mit getrennter Geschäftsführung einzurichten. Allerdings verfügt das Parlament nach wie vor über die Befugnis, per Dekret und losgelöst von einem Dienst mit getrennter Geschäftsführung verschiedene Beratungsgremien zu schaffen, ihre Aufträge festzulegen und ihre Arbeitsweise zu bestimmen. Es steht demnach dem Dekretgeber frei, den Verwaltungsrat der Einrichtung öffentlichen Interesses in ein eigenständiges Gremium mit der Bezeichnung „Verwaltungsausschuss“ umzuwandeln; es wird betont, dass dieses Gremium nicht als ein internes Entscheidungsorgan des Dienstes mit getrennter Geschäftsführung fungiert bzw. fungieren darf. Dennoch wird beabsichtigt, für dieses Gremium eine enge Zusammenarbeit mit dem Dienst mit getrennter Geschäftsführung vorzusehen. Gleiches gilt für die Gremien „Beratendes Fachgremium“ und „Dienstleisterkonferenzen“, die fortan nicht mehr als Organe der Einrichtung öffentlichen Interesses arbeiten werden, sondern als vom Dienst mit getrennter Geschäftsführung unabhängige Organe. 

2.4.5 Die Bestimmungen zum Personal und zu den Finanzen der Einrichtung öffentlichen Interesses werden – abermals aufgrund des vorerwähnten Grundsatzes der Gewaltentrennung – aufgehoben werden müssen. 

2.4.6 Die Überarbeitung des Dekrets vom 13. Dezember 2016 wird zum Anlass genommen, um das Kapitel 7 zum Thema „Vertraulichkeit und Datenschutz“ an die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen (d. h. insbesondere die europäische Datenschutz-Grundverordnung) anzupassen. 

2.5 Schließlich werden auch in allen weiteren Dekreten bzw. legislativen Rechtstexten der Deutschsprachigen Gemeinschaft eventuelle Aufgaben, die der Einrichtung öffentlichen Interesses übertragen wurden, aus den in Punkt 2.4.2 angeführten Gründen künftig der Regierung zugeteilt werden müssen. Auch hier wird – wie in Punkt 2.4.3 erklärt – ein weiteres „Durchreichen“ an den Dienst mit getrennter Geschäftsführung per Regierungserlass beabsichtigt. Des Weiteren werden in den weiteren Dekreten bzw. legislativen Rechtstexten der Deutschsprachigen Gemeinschaft vorgesehene Vertretungen der Einrichtung öffentlichen Interesses in bestehenden Gremien angepasst. 

Schritt 3

In einem dritten Schritt wird erneut die Regierung handeln müssen. Die Aufgaben, die dem per Dekret eingerichteten Dienst mit getrennter Geschäftsführung zugeteilt werden sollen, sind per Regierungserlass zu präzisieren. Aus praktischen Gründen wird dies als Abänderung des in Schritt 1 erwähnten Erlasses der Regierung zur Einrichtung des Dienstes „Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben“ erfolgen. Konkret wird die Aufgabenliste so gestaltet, dass auf die einzelnen Aufträge verwiesen wird, die per Dekret in Schritt 2 der Regierung zugeteilt wurden. Somit würde sich demnach der Kreis schließen: Die Aufgaben der Einrichtung öffentlichen Interesses, die der Regierung per Dekret zugeteilt wurden, werden in diesem finalen Schritt wieder der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben in ihrer neuen Eigenschaft als Dienst mit getrennter Geschäftsführung zurückgeführt.

Zeitgleich wird die Regierung per Abänderung des Erlasses der Regierung vom 19. Juli 2012 zur Erteilung bestimmter Vollmachten an Bedienstete des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft der Führungsebene des Dienstes mit getrennter Geschäftsführung eine Reihe von Vollmachten erteilen, damit sichergestellt wird, dass das operative Tagesgeschäft fortgeführt werden kann.

Schließlich werden mit diesem Regierungserlass auch eine Vielzahl von anderen Erlassen abgeändert oder ersetzt werden müssen. Zum einen geht es darum, die Verweise auf die Einrichtung öffentlichen Interesses aus verschiedenen Ausführungsbestimmungen zu entfernen. Hierbei handelt es sich insbesondere um dienstrechtliche Vorgaben die aufgrund von Artikel 102 §1 des Dekrets vom 25. Mai 2009 über die Haushaltsordnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft erlassen wurden. Zum anderen handelt es sich um Erlassabänderungen, die darauf abzielen, in gewissen Bestimmungen, die beispielsweise dem Verwaltungsrat der Einrichtung öffentlichen Interesses Aufgaben zuerteilten, diese Verweise durch Verweise auf den zuständigen Minister zu ersetzen. Wo dies angebracht ist, wird festgehalten werden, dass Entscheidungen aufgrund eines Gutachtens des per Dekret geschaffenen Verwaltungsausschusses getroffen werden müssen. Diese Aufgaben des Ministers werden wiederum der Führungsebene des Dienstes mit getrennter Geschäftsführung per Vollmacht übertragen werden können.

Inkrafttreten

Das Ziel ist die in den Schritten 2 und 3 genannten Bestimmungen zeitgleich am 1. Januar 2024 in Kraft treten zu lassen, sodass ab diesem Datum der Dienst mit getrennter Geschäftsführung „Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben“ vollends handlungsfähig und die Kontinuität in der Erbringung seiner derzeitigen Dienstleistungen gesichert ist.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die Reform an sich ist haushaltsneutral. Allerdings werden sich die Netto-Pensionslasten für die Deutschsprachige Gemeinschaft verringern.

4. Gutachten: 

Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 9 und 87 §1 
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 5 und 54 Absatz 1