Sitzung vom 14. Februar 2023

Dekretvorentwurf zur Abänderung des Kodex der lokalen Demokratie und der Dezentralisierung und des Gemeindedekrets vom 23. April 2018

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf zur Abänderung des Kodex der lokalen Demokratie und der Dezentralisierung und des Gemeindedekrets vom 23. April 2018.

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Datenschutzbehörde zu beantragen.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973, das Gutachten in einer 30-Tages-Frist zu beantragen.

Der Ministerpräsident, Minister für lokale Behörden und Finanzen, wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Kommunale und intrakommunale Wahlen

Am 13. Oktober 2024 finden die zweiten von der Deutschsprachigen Gemeinschaft organisierten Gemeinderatswahlen statt. Der Deutschsprachigen Gemeinschaft wurde zum 1. Januar 2015 in Anwendung des Artikels 139 der belgischen Verfassung die Zuständigkeit für die Wahl der kommunalen und intrakommunalen Organe, einschließlich der Kontrolle der damit verbundenen Wahlausgaben und der Herkunft der dafür verwendeten Gelder, von der Wallonischen Region übertragen. Für die Organisation der Provinzialratswahlen auf dem deutschen Sprachgebiet bleibt weiterhin die Wallonische Region zuständig.

Zudem ist die Wallonische Region für die Regelung der Wahlausgaben zuständig. Diese Zuständigkeit wurde ihr durch das Sondergesetz vom 30. Juli 2018 zur Abänderung hinsichtlich der Wahlausgaben für die Lokalwahlen von Artikel 6 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen übertragen. Die Deutschsprachige Gemeinschaft hat bereits am 17. März 2021 im Rahmen einer Arbeitssitzung mit der Wallonischen Region ihren Wunsch geäußert, diese regionale Zuständigkeit aufgrund von Artikel 139 der belgischen Verfassung auszuüben. Eine eventuelle Übertragung wird mittels zwei gleichlautender Dekrete geregelt werden müssen. Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist zurzeit also ausschließlich für die Organisation der Wahl der kommunalen und intrakommunalen Organe sowie für die Kontrolle der Wahlausgaben und der Herkunft der dafür verwendeten Gelder zuständig, aber nicht für die Regelung der Wahlausgaben. 

Seitdem die Deutschsprachige Gemeinschaft für die Organisation der Gemeinderatswahlen zuständig ist, verfügen die Deutschsprachige Gemeinschaft und die Wallonische Region jeweils über eine eigene Fassung des Kodex der lokalen Demokratie und der Dezentralisierung, hiernach „Kodex“ genannt.

Gemäß Artikel L4111-2 des Kodex finden die Gemeinde- und Provinzialwahlen am selben Tag statt. Auf dem Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft werden also an einem Tag zwei Wahlen von zwei verschiedenen Behörden mit unterschiedlichen Rechtsvorschriften organisiert. Die Wallonische Region hatte sich im Vorfeld der Wahlen von 2018 für eine Papierwahl entschieden, die Deutschsprachige Gemeinschaft für elektronische Wahlen. Diese Entscheidung hätte dazu geführt, dass am gleichen Tag auf dem deutschen Sprachgebiet für die Wahloperatoren und Wähler zwei unterschiedliche Wahlsysteme zu benutzen gewesen wären, was zu zahlreichen Fragen hinsichtlich der Umsetzung und Machbarkeit geführt hätte. 

Um diese schwer vertretbare Situation zu vermeiden, einigte man sich auf Anfrage des Provinzialrats Lüttich im Mai 2016 auf ein elektronisches Wahlsystem mit Papierbescheinigung für das deutsche Sprachgebiet, das sowohl für die Provinzial- als auch für die Gemeinderatswahlen eingesetzt werden sollte. Der Staatsrat hat in seinem Gutachten Nr. 59.365/4 vom 30. Mai 2016 über den Dekretvorentwurf der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Abänderung des Kodex in Bezug auf die Gemeinderatswahlen hervorgehoben, dass weder die Deutschsprachige Gemeinschaft noch die Wallonische Region einseitig das Wahlsystem im deutschen Sprachgebiet bestimmen darf. Daraufhin wurde das Zusammenarbeitsabkommen vom 13. Juli 2018 zwischen der Wallonischen Region und der Deutschsprachigen Gemeinschaft über die Lokalwahlen vom 14. Oktober 2018 auf dem deutschen Sprachgebiet ausgearbeitet, um die Modalitäten der Durchführung der Wahlen und des Wahlsystems für die Lokalwahlen im deutschen Sprachgebiet zu regeln.

Um das Abkommen kurz zu halten, wurde mit Verweisen auf die Bestimmungen des Kodex gearbeitet, statt diese wortwörtlich zu übernehmen. Deswegen war es umso wichtiger, dass beide Fassungen des Kodex, zumindest für die gemeinsamen Bestimmungen, die die Provinzial- und Gemeinderatswahlen betreffen oder beeinflussen, vergleichbar blieben, was wiederum eine enge Zusammenarbeit zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Wallonischen Region für die gemeinsame Organisation der Lokalwahlen auf dem deutschen Sprachgebiet erforderlich machte.

Für die anstehenden Wahlen haben sich die Wallonische Region weiterhin für Papierwahlen und die Deutschsprachige Gemeinschaft für elektronische Wahlen entschieden. Um auch wieder am 13. Oktober 2024 auf dem deutschen Sprachgebiet elektronische Wahlen sowohl für die Provinzial- als für die Gemeinderatswahlen zu ermöglichen, einigte man sich in der Arbeitssitzung vom 17. März 2021 darauf, die gleiche Vorgehensweise wie für die Wahlen von 2018 beizubehalten und somit das Zusammenarbeitsabkommen zu erneuern. 

Um die Lesbarkeit des Zusammenarbeitsabkommens zu gewährleisten und die Verständlichkeit und Benutzung durch die Wähler und Wahloperatoren zu garantieren, ist es erneut wichtig, die Kohärenz der beiden Fassungen des Kodex sicherzustellen und die Bestimmungen, die die gemeinsame Organisation der Wahlen betreffen, in beiden Fassungen relativ gleich zu gestalten. 

Der vorliegende Dekretentwurf hat zum Ziel, den Abänderungen der Wallonischen Region zum vierten Teil Buch I des Kodex Rechnung zu tragen, die durch den entsprechenden Dekretentwurf im Wallonischen Parlament eingereicht wurden, um die Kohärenz der Bestimmungen, die die gemeinsame Organisation der Wahlen betreffen oder beeinflussen, mit der Fassung der Deutschsprachigen Gemeinschaft des Kodex zu gewährleisten. Zudem wird mit dem Dekretentwurf darauf abgezielt, den Kodex in bestimmten Punkten zu vereinfachen und zu verdeutlichen und den Wahlvorgang zu dematerialisieren. Durch die in Buch I vorgenommenen Änderungen wird ebenfalls das Buch II angepasst, um die Kohärenz mit dem Inhalt des Zusammenarbeitsabkommens zu gewährleisten, damit die Verständlichkeit durch die Wähler und Wahloperatoren garantiert wird und die Vorgehensweise bei der Wahl identisch bleibt. 

Sitzungen der Verwaltungsorgane der untergeordneten Behörden

Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie (COVID-19) im März 2020 wurden in Belgien Maßnahmen getroffen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Durch die zum damaligen Zeitpunkt vom Föderalstaat getroffenen Maßnahmen zur sozialen Distanzierung und zur Ausgangssperre war es für die lokalen Verwaltungsorgane während eines gewissen Zeitraums nicht immer möglich, physisch und gegebenenfalls öffentlich zu tagen. Die gesetzlichen Grundlagen sahen zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Pandemie jedoch keine alternativen Möglichkeiten zu den physischen Sitzungen vor. 

Die für lokale Behörden zuständigen Regierungen mussten demnach im Jahr 2020 Entscheidungen in kurzer Zeit treffen, damit der öffentliche Dienst der untergeordneten Behörden aufrechterhalten werden konnte. Dies wurde unterschiedlich anhand von Dekreten, Sondervollmachterlassen, Leitfäden und Rundschreiben gehandhabt. Die getroffenen Entscheidungen ähnelten sich jedoch größtenteils von einer Regierung zur anderen. 

Um die Handhabung in einer zukünftigen Krisensituation, in der physische Sitzungen der lokalen Verwaltungsorgane nicht möglich sein sollten, zu erleichtern, haben die Regionen mittlerweile jeweils eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Diese Dekrete, bzw. Ordonnanz in Brüssel, ermöglichen es den lokalen Verwaltungsorganen, in gewissen Situationen und unter Einhaltung von bestimmten Bedingungen digitale und hybride (physisch und digital) Sitzungen abzuhalten. Die Deutschsprachige Gemeinschaft hat noch keine solche langfristige Lösung. 

Der vorliegende Dekretentwurf hat zum Ziel, durch Abänderungen gewisser Bestimmungen des Gemeindedekrets vom 23. April 2018 und des Kodex der Organisation von virtuellen und hybriden Sitzungen des Gemeinderats, der Ausschüsse, der Beiräte, des Kollegiums, der Autonomen Gemeinderegien und der Interkommunale einen dekretalen Rahmen zu geben. So soll ermöglicht werden, in einer Krise, in der physische Sitzungen der lokalen Verwaltungsorgane nicht möglich sein sollten, effizienter und schneller handeln zu können, um die Kontinuität der Sitzungen der lokalen Verwaltungsorgane zu gewährleisten. Zudem werden die Bestimmungen ziemlich breit gefasst gehalten, um den lokalen Verwaltungsorganen eine gewisse Autonomie zu gewähren und auch außerhalb einer Krisensituation eine alternative Sitzungsmöglichkeit zu erlauben.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Durch die vorliegende dekretale Abänderung entstehen keine neuen Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten: 

  • Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei liegt vor. 
  • Das Gutachten des Finanzinspektors liegt vor. 

5. Rechtsgrundlage: 

  • Artikel 139 der Verfassung 
  • Dekret vom 1. Juni 2004 über die Ausübung gewisser Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich der untergeordneten Behörden durch die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 1 Absatz 1 Nummer 1.1