Sitzung vom 9. Februar 2023

Dekretvorentwurf zur Zustimmung zur Konvention des Europarats über den Zugang zu amtlichen Dokumenten, geschehen zu Tromso am 18. Juni 2009

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf zur Zustimmung zur Konvention des Europarats über den Zugang zu amtlichen Dokumenten, geschehen zu Tromso am 18. Juni 2009.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in 30-Tage-Frist zu beantragen.

Der Ministerpräsident, Minister für lokale Behörden und Finanzen, wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Eine offene beziehungsweise transparente Verwaltung ist ein Markenzeichen guter Regierungsführung innerhalb einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft. Hierzu gehört der Zugang zu amtlichen Dokumenten. Dadurch wird mit gewährleistet, dass die Bürger und Bürgerinnen an der Weiterentwicklung und Ausübung fundamentaler Grundrechte mitwirken können. Dieses Recht stärkt dabei die Legitimität der Behörden und Verwaltungen und festigt das Vertrauen in sie.

Erste Spuren des sogenannten „Open Government Prinzips“ oder auch „Good governance Prinzips“ finden wir in Ländern Nordeuropas. Hiernach verbreitete sich dieses Grundprinzip in westeuropäischen Ländern und zuletzt dann in den neuen Demokratien Mittel- und Osteuropas, um so ihren Einsatz zur Festigung der Demokratien zu unterstreichen

Vorliegende Konvention schließt eine Lücke auf Ebene der Menschenrechte. Der Europäische Gerichtshof leitete kein allgemeines Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten direkt aus der Lektüre von Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention ab. Vorliegende Konvention garantiert nunmehr dieses allgemeine Recht auf Zugang zu Dokumenten, die sich im Besitz einer Behörde befinden. Sie definiert nicht nur das Prinzip selbst, sondern auch die Grenzen, innerhalb derer dieses Recht ausgeübt werden kann. Sie schafft also einen grundlegenden Rahmen, in dem das Recht auf Zugang zu öffentlichen Dokumenten ausgeübt werden kann. Sie stellt dabei kein Hindernis dar, die Veröffentlichung amtlicher Dokumente angesichts anderer Entwicklungen weiter voranzutreiben (zum Beispiel E-Government).

Das Übereinkommen besteht aus drei Teilen. 

  • Der erste Teil beinhaltet allgemeine Bestimmungen wie die Definition des Rechts, mögliche Einschränkungen, die Bearbeitung von Anträgen, die Formen des Zugangs, die Gebühren für den Zugang, Beschwerde-Möglichkeiten und die aktive Öffentlichkeitsarbeit. Eine Beschränkung des Rechts auf Zugang zu amtlichen Dokumenten ist nur zulässig, wenn sie bestimmten Interessen wie der öffentlichen Sicherheit, der Verteidigung oder dem Schutz der Privatsphäre dient. Die Konvention setzt Mindeststandards fest, die unter anderem bei der Bearbeitung von Anträgen auf Zugang zu amtlichen Dokumenten (Form und Gebühren) sowie bei der Beantwortung der Anfrage zu berücksichtigen sind.
  • Der zweite Teil organisiert die Überwachung der Anwendung der Konvention. Auf Ebene des Europarates gibt es eine Expertengruppe, die damit betraut ist; gleichzeitig wird in dem Verfahren der Ablauf der Konsultationen der Vertragsparteien geregelt.  
  • Im dritten Teil geht es schließlich um die Unterzeichnung und das Inkrafttreten des Übereinkommens, den Beitritt zum Übereinkommen, die territoriale Anwendung, etwaige Änderungen des Übereinkommens, die Möglichkeit Erklärungen abzugeben, die Kündigung durch eine Vertragspartei und die Notifizierung. 

Belgien war bei den ersten Ländern, die die Konvention unterzeichneten. Es handelt sich um einen „gemischten Vertrag“ im Sinne von Artikel 167 §4 der Verfassung, wie die Arbeitsgruppe für Gemischte Verträge am 21. Januar 2009 feststellte. Die Regierung erteilte die Vollmacht zur Unterzeichnung am 12. März 2009. Damit das Abkommen in Kraft treten kann, bedarf es der Zustimmung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die Zustimmung zur Konvention und die folgende Ratifizierung haben keine direkten finanziellen Auswirkungen für die Deutschsprachige Gemeinschaft. 

4. Gutachten: 

  • Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei liegt vor.
  • Das Gutachten des Finanzinspektors vom 30. Januar 2023 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage: 

  • Verfassung, Artikel 139 
  • Sondergesetz vom 8. August 1980 über institutionelle Reformen, Artikel 6 und 16  
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4 
  • Art. 6 des Zusammenarbeitsabkommens vom 8. März 1994 bezüglich der Bestimmungen für den Abschluss von gemischten Verträgen