Sitzung vom 2. Februar 2023

Dekretvorentwurf zur Schaffung eines Zentrums der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Kinderbetreuung

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in zweiter Lesung den Dekretvorentwurf zur Schaffung eines Zentrums der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Kinderbetreuung.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in einer 30-Tages-Frist zu beantragen.

Die Ministerin für Bildung, Forschung und Erziehung wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Der Bereich der Kinderbetreuung hat in den letzten Jahren immer weiter an Bedeutung gewonnen. Im gleichen Maße hat sich auch die VoG „Regionalzentrum für Kleinkindbetreuung“, hiernach RZKB genannt, entwickelt, um seiner gesellschaftlichen Rolle, auch in der frühkindlichen Entwicklung, weiterhin gerecht zu werden. Das RZKB treibt seit Jahren seine professionelle Aufstellung voran und ist ein wichtiger Partner der Regierung bei der Umsetzung des Masterplans 2016-2025 für die Kinderbetreuung. Die Regierung ist neben den Gemeinden des deutschen Sprachgebiets ein wesentlicher Partner des RZKB und unterstützt dieses mit beträchtlichen finanziellen Mitteln. Um für die Aktivitäten des RZKB sowie für sein Personal, die konventionierten Tagesmütter/-väter und die Eltern und Kinder in Ostbelgien eine größere Planungssicherheit zu schaffen, soll ein moderner, den heutigen Herausforderungen angepasster, öffentlich-rechtlicher Rahmen geschaffen werden. In diesem Zusammenhang soll ebenfalls für eine finanzielle Absicherung der Kinderbetreuung gesorgt werden. Aus diesen Gründen sieht vorliegendes Dekret die Schaffung einer Einrichtung öffentlichen Interesses, dem „Zentrum der Deutschsprachigen Gemeinschaft für Kinderbetreuung“, vor. Das Zentrum soll die Aktivitäten des RZKB übernehmen.

Das Zentrum wird einerseits Kinderbetreuung anbieten, insbesondere durch einen Tagesmütterdienst, Kinderkrippen und an Standorten der außerschulischen Betreuung. Andererseits wird das Zentrum Aufgaben für die gesamte Kinderbetreuung wahrnehmen, wie beispielsweise die Netzwerkarbeit, die Förderung der Weiterbildung, die Beratung anderer Dienstleister oder das Erstellen von Stellungnahmen in Bezug auf Anerkennungen von selbstständigen Tagesmüttern/-vätern und Co-Tagesmüttern/-vätern.

Neben den Aufgaben und der Arbeitsweise des Verwaltungsrats sieht vorliegendes Dekret vor, dass ein Beirat für Kinderbetreuung geschaffen wird. Dieser berät den Verwaltungsrat in seinen Aufgaben. Darüber hinaus kann der Verwaltungsrat Mitwirkungsgremien schaffen, um das Zusammenwirken aller Beteiligten in den Aufgabenbereichen des Zentrums zu fördern.

Das Dekret regelt die finanzielle Beteiligung der Gemeinden an dem Zentrum. Die bisher mit dem RZKB bestehenden Verträge sollen dadurch ersetzt werden. 

Jedem Personalmitglied des RZKB wird ein Arbeitsvertrag bei dem Zentrum angeboten.  Die Tagesmütter/-väter des RZKB arbeiten heute in einem besonderen Sozialstatut. Dieses Statut hat insbesondere den Nachteil, dass das Einkommen der Tagesmütter/-väter nicht stabil ist und eine unvollständige soziale Absicherung bietet. Wird ein Kind nicht zur Betreuung gebracht, erhalten sie nur eine sehr geringe Entschädigung. Jedoch kann es in manchen Situationen für die Tagesmutter/-vater interessanter sein, weiterhin als konventionierte Tagesmutter/-vater zu arbeiten. Mit der Schaffung des Zentrums haben deshalb alle konventionierten Tagesmütter/-väter die Wahl als Arbeitnehmer eingestellt zu werden oder als konventionierte Tagesmütter/-väter für das Zentrum zu arbeiten. 

Das Dekret regelt die Datenverarbeitung durch das Zentrum im Rahmen seiner Aufträge. Für die Wahrnehmung der Aufgaben als Dienstleister verarbeitet das Zentrum die Daten in Anwendung des Dekrets vom 31. März 2014 über die Kinderbetreuung. Vorliegendes Dekret aktualisiert die Datenschutzbestimmungen des Dekrets vom 31. März 2014. 

Das Dekret tritt in zwei Phasen in Kraft. Damit die Einrichtung bereits vor der Übernahme ihrer Aufgaben gewisse vorbereitende Tätigkeiten übernehmen kann, wie z.B. den Personalmitgliedern der VoG RZKB Vertragsangebote machen, wird vorgesehen, dass einige Artikel zum 1. Juni 2023 in Kraft treten, sodass das Zentrum ab Juni 2023 besteht. Die Regierung legt das Inkrafttreten der restlichen Artikel fest. Während des Zeitraums vom 1. Juni 2023 bis zum Inkrafttreten des Dekrets werden die Aufgaben des geschäftsführenden Direktors auf Grundlage eines entsprechenden Angebots des Zentrums durch den zu diesem Zeitpunkt verantwortlichen geschäftsführenden Direktor der VoG RZKB ausgeübt. 

Im Vergleich zur ersten Lesung und nach Erhalt der Gutachten der Datenschutzbehörde und des RZKB wurden vor allem folgende Änderungen vorgenommen: 

  • Präzisierung der Rolle des Zentrums in Bezug auf die Anerkennung der selbstständigen Tagesmütter/-väter und Präzisierung der entsprechenden Datenschutzbestimmungen (Art. 6 + 25);  
  • Aufgrund der bedeutenden Rolle der Gemeinden im Bereich der Kinderbetreuung wird für die Gemeinden ein Platz im Verwaltungsrat des Zentrums vorgesehen (Art. 8); 
  • Die Zusammensetzung, die Bestellung der Mitglieder und die Aufgaben des Beirats für Kinderbetreuung werden im Dekret geregelt (Art. 14-19); 
  • Die Zielgruppenermäßigung für konventionierte Tagesmütter/-väter wird aufgehoben (Art. 32 + 41); 

Das Zentrum wird zum 1 Juni 2023 geschaffen, um vor der Übernahme seiner Aufgaben gewisse vorbereitende Tätigkeiten zu übernehmen. Während des Zeitraums vom 1. Juni 2023 bis zum Inkrafttreten des gesamten Dekrets werden die Aufgaben des geschäftsführenden Direktors durch den geschäftsführenden Direktor der VoG RZKB ausgeübt. (Art. 42 + 45).

3. Finanzielle Auswirkungen:

Durch vorliegenden Dekretentwurf wird ein öffentliches Zentrum für Kinderbetreuung geschaffen. Die Dotation an dieses Zentrum wird die Bezuschussung der VoG RZKB ersetzen.

Davon ausgehend, dass alle Mitarbeiter und konventionierten Tagesmütter/-väter ein Angebot für das Zentrum zu arbeiten annehmen, entstehen durch die Einstufung der Personalmitglieder in die Baremen des öffentlichen Dienstes Mehrkosten, da das neue Lohnpaket gezahlt wird, wenn es vorteilhaft ist oder ansonsten das vorherige Lohnpaket beibehalten bleibt. Außerdem entstehen Mehrkosten, da bis zu 67 konventionierte Tagesmütter/-väter in ein Arbeitnehmerstatut wechseln können. Um die Mehrkosten zu beziffern, ist es einerseits notwendig per Erlass der Regierung zu definieren, unter welchen Bedingungen und in welchen Stufen die verschiedenen Mitarbeiter entlohnt werden oder welche Entschädigung die Tagesmütter/-väter im Arbeitnehmerstatut für das Nutzung ihrer Wohnung erhalten werden und andererseits ist für jeden einzelnen Mitarbeiter das heutige Lohnpaket/die heutige Entschädigung mit dem so entstehenden neuen Lohnpaket zu vergleichen. Bis zur Verabschiedung des Erlasses der Regierung, der das Statut für das Zentrum anwendbar macht, können die Mehrkosten deshalb nur sehr grob geschätzt werden. Anhand eines Vergleiches, der durch die VoG RZKB im NKS-Kataster hinterlegten Gehaltsinformationen mit den öffentlichen Baremen und aufgrund der Anzahl Tagesmütter gehen wir aus von rund 220.000 EUR Mehrkosten für die heutigen Arbeitnehmer und rund 1.500.000 EUR für die Tagesmütter/-väter, wenn diese alle in ein Arbeitnehmerstatut wechseln.

Laut dem Haushalt 2023 der VoG RZKB beteiligen sich die Gemeinden mit rund 720.000 EUR an der Kinderbetreuung. Durch die Deckelung der finanziellen Beteiligung der Gemeinden an der Kinderbetreuung auf 400.000 EUR entstehen somit Mehrkosten in Höhe von 320.000 EUR. 

Es entstehen somit, unter Berücksichtigung der erwähnten Einschränkungen bei der Errechnung der Kosten, insgesamt Mehrkosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft in Höhe von 2.040.000 EUR.

Die Zielgruppenermäßigung für die konventionierten Tagesmütter/-väter führte im Jahr 2021 zu Kosten in Höhe von 155.916 EUR zu Lasten der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Bereich Beschäftigung. Mit der Aufhebung der Ermäßigung sind entsprechend weniger Mittel im Bereich Beschäftigung und entsprechend mehr Mittel im Bereich Kinderbetreuung vorzusehen. Dies führt nicht zu zusätzlichen Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten: 

  • Das Gutachten der Datenschutzbehörde liegt vor. 
  • Das Gutachten der VoG „Regionalzentrum für Kleinkindbetreuung“ liegt vor. 
  • Das Protokoll S12/2022 der Verhandlungsergebnisse der Sitzung des Sektorenausschusses XIX vom 25. November 2022 liegt vor. 
  • Das Gutachten des Finanzinspektors vom 20. Januar 2023 liegt vor. 

5. Rechtsgrundlage: 

  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 5 §1 II Nummer 1;  
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4 §2