Sitzung vom 2. Februar 2023

Dekretvorentwurf über die Jugendhilfe und den Jugendschutz

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf über die Jugendhilfe und den Jugendschutz.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in einer 30-Tage-Frist zu beantragen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Datenschutzbehörde zu beantragen.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Mit der Sechsten Staatsreform wurden der Deutschsprachigen Gemeinschaft am 1. Juli 2014 neue Zuständigkeiten im Bereich des Jugendschutzes übertragen. Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist daher nun auch zuständig für:  

  • die Festlegung der Maßnahmen, die gegenüber Jugendlichen ergriffen werden können, die vor dem Alter von achtzehn Jahren eine als Straftat qualifizierte Tat begangen haben; 
  • die Regelung der Abgabe einer Sache, d.h. das Verfahren zur Überweisung von Jugendlichen zwischen sechzehn und achtzehn Jahren, die eine als Straftat qualifizierte Tat begangen haben und bei denen keine Jugendschutzmaßnahme gewirkt hat, an eine Drei-Richter-Kammer, die das Strafrecht für volljährige Personen anwenden kann;   
  • die Festlegung der Bedingungen der stationären Betreuung von Jugendlichen, die eine als Straftat qualifizierte Tat begangen haben, in öffentlichen gemeinschaftlichen Jugendschutzeinrichtungen sowie die Verwaltung dieser Einrichtungen.  

Diese Zuständigkeiten werden derzeit durch das Gesetz vom 8. April 1965 über den Jugendschutz, die Betreuung Minderjähriger, die eine als Straftat qualifizierte Tat begangen haben, und die Wiedergutmachung des durch diese Tat verursachten Schadens geregelt. Um sie an die Gegebenheiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft anzupassen und auszuüben, bedarf es einer neuen dekretalen Grundlage. 

Im Laufe der Dekretausarbeitung wurde nochmals die Erforderlichkeit deutlich, das künftige Jugendschutzdekret mit dem derzeitigen Jugendhilfedekret zusammenzulegen, um eine größtmögliche Synergie zwischen den Verfahren der Jugendhilfe und des Jugendschutzes zu schaffen. 

Die Integration der Jugendschutzmaßnahmen in das bestehende Jugendhilfedekret bot die Gelegenheit, das gesamte Dekret vom 19. Mai 2008 über die Jugendhilfe und zur Umsetzung von Jugendschutzmaßnahmen zu überarbeiten bzw. ein grundlegend neues Dekret über die Jugendhilfe und den Jugendschutz zu verfassen. Dies unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen vierzehn Jahre, wie beispielsweise veränderte Familienverhältnisse, kulturelle Vielfalt, steigende Armut und soziale Ausgrenzung, die die Arbeit der Fachkräfte in der einvernehmlichen und gerichtlichen Jugendhilfe zunehmend komplexer werden lassen. Auch die Entwicklungen in den anderen Gemeinschaften sowie dem benachbarten Ausland machten eine grundlegende Überarbeitung des Dekrets vom 19. Mai 2008 erforderlich. 

Die Ausarbeitung des Dekretentwurfs erfolgte sowohl auf Grundlage der Dekrete der anderen Teilstaaten als auch durch Konzertierung mit den Diensten des Fachbereichs Jugendhilfe und der Gerichtsbarkeit. Auch weitere Akteure des Jugendhilfesektors und Vertreter anderer Sektoren wurden in die Ausarbeitung einbezogen, dies insbesondere unter der Steuerung des Begleitausschusses für die Jugendhilfe, der damit beauftragt wurde, „einen Prozess zu gestalten und zu begleiten, der eine inhaltliche Weiterentwicklung des Jugendhilfedekretes ermöglicht.“

Der vorliegende Dekretentwurf schafft die gesetzliche Grundlage dafür, die Jugendhilfe und den Jugendschutz in der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu Gunsten von Kindern, Jugendlichen und deren Familien sowie für junge Erwachsene bedarfs- und zielgerichtet zu gestalten. Es gilt hierfür die Prävention zugunsten von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu stärken, den Herausforderungen der Zukunft zu entsprechen und die erforderlichen Jugendhilfe- und Jugendschutzmaßnahmen anbieten zu können.

Dieser Dekretentwurf ist daher notwendig, da er sowohl die Umsetzung einer neuen Zuständigkeit der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Bereich des Jugendschutzes als auch eine Anpassung und Aktualisierung des derzeitigen Jugendhilfesystems ermöglicht.

Das Dekret über die Jugendhilfe und den Jugendschutz soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen keine neuen Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten: 

  • Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 18. Januar 2023 liegt vor. 
  • Das Gutachten des Finanzinspektors vom 27. Januar 2023 liegt vor. 
  • Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt, vom 27. Januar liegt vor. 

5. Rechtsgrundlagen:  

  • Artikel 5 §1 II. Nummern 1 und 6 des Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen 
  • Artikel 4 §2 des Gesetzes vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft.