Sitzung vom 15. Dezember 2022

Erlass der Regierung zur Ausführung des Dekrets vom 27. Juni 2022 über das Pflegegeld für Senioren

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in dritter und letzter Lesung den Erlass zur Ausführung des Dekrets vom 27. Juni 2022 über das Pflegegeld für Senioren.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Im Rahmen der sechsten Staatsreform wurde der Deutschsprachigen Gemeinschaft, unter anderem, die Zuständigkeit zur Gestaltung und Auszahlung der „Beihilfe zur Unterstützung von betagten Personen“ (BUB) übertragen.

Diese Zuständigkeit wurde durch das Dekret vom 27. Juni 2022 über das Pflegegeld für Senioren neugestaltet.

Vorliegender Erlassentwurf führt das Dekret vom 27. Juni 2022 über das Pflegegeld für Senioren aus. 

Kapitel 1. Allgemeine Bestimmungen

Das erste Kapitel beinhaltet die Begriffsbestimmungen.

Kapitel 2. Pflegegeld für Senioren

Der Erlass legt fest, welche die Unvereinbarkeiten mit dem Basispflegegeld sind. Hierzu gehören unter anderem die Beihilfe zur Ersetzung des Einkommens oder die Eingliederungsbeihilfe.

Außerdem wird im Erlass festgelegt, wie das Pflegegeld für Senioren indexiert wird. Das Pflegegeld soll ab dem Jahr 2024 jährlich im Januar indexiert werden und an die Indexierung im Monat September des vorherigen Jahres der Gehälter des öffentlichen Dienstes der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit dem Angelindex 138,01 angepasst werden. So wird einerseits ermöglicht, dass die Ausgaben haushaltstechnisch prognostizierbar sind und andererseits, steigt somit das Pflegegeld für die Nutznießer an.

Wenn der Senior eine mit dem Pflegegeld vergleichbare Leistung erhält, hat er kein Anrecht auf das Pflegegeld der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Der Artikel erläutert ebenfalls wie mit dem Antrag auf Pflegegeld eines Seniors, der aus einem anderen Teilstaat Belgiens in die Deutschsprachige Gemeinschaft zieht und schon ein bestehendes Anrecht auf eine mit dem Pflegegeld vergleichbare Leistung hatte, umzugehen ist.

Kapitel 3. Gewährungs- und Rückforderungsverfahren

Abschnitt 1 - Anträge

Der Antrag auf Pflegegeld kann frühestens am Tag eingereicht werden, an dem der Senior das gesetzliche Pensionsalter erreicht hat, welches aktuell bei 65 Jahren liegt.

Die Artikel 6 bis 8 des Erlasses erläutern, wie ein Antrag auf Pflegegeld eingereicht werden kann, in welcher Form er eingereicht werden kann und dessen Inhalt.

Abschnitt 2 – Bearbeitung der Anträge

Unter diesem Abschnitt wird zum einen erläutert, wie das Bearbeitungsverfahren aussieht, wie der Unterstützungsbedarf des Seniors durch die Dienststelle für selbstbestimmtes Leben (hiernach „Dienststelle“) ermittelt wird, aus welchen Gründen das Pflegegeld verweigert werden kann und auch wie die Entscheidung über den Antrag getroffen wird und in welcher Frist. 

Zudem wird auch erläutert, aus welchen Gründen eine Revision des Pflegegelds stattfinden kann, sei es von Amts wegen oder auf Antrag des Antragstellers.

Abschnitt 3 - Beschlüsse

Die Artikel 16 bis 18 beschreiben die Wirksamkeit der Beschlüsse, die Fristen für die Notifizierung von Beschlüssen und in welchen Fällen eine Notifizierung des Beschlusses per Einschreiben notwendig ist.

Abschnitt 4 - Einsprüche

In diesem Abschnitt wird erläutert, dass anhand eines Einspruchsformulars Einspruch eingereicht werden kann, welche Angaben dieses Formular erfasst, wie der Einspruch weiterbearbeitet und in welcher Frist hierüber entschieden wird.

Abschnitt 5 – Durch die Verwaltung oder den Antragsteller zu erteilende Informationen

Die Informationspflicht seitens der Verwaltung dient der Transparenz gegenüber dem Bürger. Die Pflicht seitens des Antragstellers dient der Integrität der Informationen, denn so können die Vollständigkeit und die Korrektheit der Angaben garantiert werden. 

Abschnitt 6 – Auszahlung

Der Erlass beschreibt auch den Prozess der Auszahlung des Pflegegelds. Dieser Punkt beinhaltet den Auszahlungszeitpunkt und die Modalitäten im Falle einer verspäteten Auszahlung.

Abschnitt 7 – Rückforderung

Unter diesem Abschnitt wird das Rückforderungsverfahren erklärt. 

Zum einen wird die außergerichtliche Rückforderung erläutert. Wenn dem Senior zu Unrecht Pflegegeld ausgezahlt wurde, wird der Betrag auf künftige Leistungen einbehalten. Wenn es keine ausstehenden Zahlungen mehr gibt, wird der Senior zur Rückzahlung aufgefordert. Bleibt die Schuld nach zwei Erinnerungsschreiben unbezahlt, wird die Akte an den FÖD Finanzen, Steueramt, weitergeleitet, welcher die Schuld beim Senior eintreibt.

Der Abschnitt beschreibt ebenfalls die gerichtliche Rückforderung, die Modalitäten zum Nichteintreiben von zu unsicheren oder zu kostspieligen Rückforderungen und die Modalitäten zum Nichteintreiben aus sozialen Gründen.

Kapitel 4. Schlussbestimmungen

Im Rahmen dieses Kapitels wird der Königliche Erlass vom 5. März 1990 über die Beihilfe zur Unterstützung von Betagten aufgehoben. Der Erlass der Regierung vom 14. Mai 2009 über die Jugendhilfe und den Jugendschutz wird punktuell abgeändert, indem der Wortlaut „Pflegegeld“ in „Pflegschaftsgeld“ angepasst wird. 

3. Finanzielle Auswirkungen:

Vorliegender Erlass hat keine direkten finanziellen Auswirkungen, da die Höhe des Basispflegegelds und des Sozialzuschlags im Dekret vom 27. Juni 2022 über das Pflegegeld für Senioren verankert sind.

4. Gutachten: 

Das Gutachten des Staatsrates Nr. 72.437/1 vom 1. Dezember 2022 liegt vor.

In seinem Gutachten befasst sich der Staatsrat vor allem mit der dekretalen Grundlage des Erlassvorentwurfs. Die legistischen Bemerkungen unter Punkt 3.2 bzw. 4 wurden übernommen. Die in Punkt 3.3 aufgeworfene Unvereinbarkeit mit den Bestimmungen des Dekrets in Bezug auf die Entscheidungsfristen führt dazu, dass Artikel 13 entsprechend abgeändert werden muss, um auf die in Artikel 19 des Dekrets vom 27. Juni 2022 über das Pflegegeld für Senioren aufgeführten Fristen zu verweisen. Die Bemerkungen unter den Punkten 3.4, 3.5 und 3.6 sind zur Kenntnis zu nehmen, müssen aber nicht zwangsläufig eine Änderung des Textes bewirken. 

Es gilt jedoch darauf zu achten, dass anlässlich einer künftigen Dekret Anpassung, eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die in Artikel 22 festgehaltene Informationspflicht seitens der Verwaltung eingeführt wird. An dem in der Präambel aufgeführten Verweis auf das Dekret vom 13. Dezember 2016 zur Schaffung einer Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben soll festgehalten werden, um die Verflechtung der verschiedenen Aufgaben und Akteure hervorzuheben. 

Schlussendlich soll ungeachtet der legistischen Bemerkung unter Punkt 5 der Artikel 4 unverändert bleiben: Da in diesem eine Ausnahmesituation beschrieben wird („Senior, der aus einem anderen Gliedstaat in das deutsche Sprachgebiet umgezogen ist und der zum Zeitpunkt des Umzugs eine mit dem Pflegegeld vergleichbare Leistung eines anderen Gliedstaats erhielt“), lässt es sich rechtfertigen, auf diese im allgemeinen Teil des Erlasses hinzuweisen.

5. Rechtsgrundlage: 

  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 20; 
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 7; 
  • Dekret vom 19. Mai 2008 über die Jugendhilfe und zur Umsetzung von Jugendschutzmaßnahmen, Artikel 25 §1 Absatz 1;  
  • Dekret vom 13. Dezember 2016 zur Schaffung einer Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben, Artikel 7 Absatz 2; 
  • Dekret vom 27. Juni 2022 über das Pflegegeld für Senioren, Artikel 7, Artikel 10 Absatz 3, Artikel 11 Absatz 2, Artikel 12, Artikel 14 Absatz 4, Artikel 15 Absatz 3, Artikel 17 Absätze 1 und 3, Artikel 18 Absatz 3, Artikel 20 Absatz 3 Nummern 1 und 3, Artikel 25 Absatz 2, Artikel 26 §1 Absatz 2, Artikel 27, Artikel 33 Absatz 3, Artikel 35 §1, §2 Absatz 2, §3 Absatz 2 und Artikel 42 Absatz 2;