Sitzung vom 1. Dezember 2022

Dekretentwurf über die Kontrolle und das Verfahren zur Auferlegung von administrativen Geldbußen im Bereich der Beschäftigungspolitik

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in dritter und letzter Lesung den Dekretentwurf über die Kontrolle und das Verfahren zur Auferlegung von administrativen Geldbußen im Bereich der Beschäftigungspolitik.

Die Ministerin für Kultur und Sport, Beschäftigung und Medien wird beauftragt, den Entwurf im Parlament zu hinterlegen.

2. Erläuterungen: 

Seit der Übernahme der Beschäftigungsbefugnisse von der Wallonischen Region zum 1. Januar 2000 bzw. 1. Januar 2016 arbeitet der Fachbereich Beschäftigung des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Inspektionsbereich mit zwei zentralen Rechtstexten: dem Dekret der Wallonischen Region vom 5. Februar 1998 über die Überwachung und Kontrolle bezüglich der Gesetzgebungen im Bereich der Beschäftigungspolitik und dem Sozialstrafgesetzbuch vom 6. Juni 2010.

Die straf- und verwaltungsrechtlichen Verstöße stehen zum Teil in den vorerwähnten Texten oder aber auch in den Gesetzen und Dekreten, die eine Materie inhaltlich regeln, beispielsweise im Gesetz vom 19. Februar 1965 über die Ausübung seitens der Ausländer von Berufstätigkeiten als Selbstständige oder im Dekret vom 28. Mai 2018 zur AktiF- und AktiF PLUS-Beschäftigungsförderung. Die Rechtslage im Bereich der Sozialinspektion ist insbesondere infolge der 6. Staatsreform – selbst für Kenner der Materie - nicht mehr einfach nachzuvollziehen, da der Föderalstaat Bestimmungen im Sozialstrafgesetzbuch aufgehoben hat, die aber weiterhin in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Anwendung finden.

Ziel des vorliegenden Dekretentwurfs ist es, die derzeit anwendbaren „geerbten“ Texte der Wallonischen Region sowie einige Bestimmungen des Sozialstrafgesetzbuches der Aktualität und den Gegebenheiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft anzupassen.

Als Inspiration haben die aktuellen Inspektionsdekrete der anderen Teilstaaten sowie das Sozialstrafgesetzbuch gedient. Das bisher in der Deutschsprachigen Gemeinschaft anwendbare Inspektionsdekret vom 5. Februar 1998 der Wallonischen Region basierte stark auf dem Gesetz vom 30. Juni 1971 über die administrativen Geldbußen, die bei Verstößen gegen bestimmte Sozialgesetze zur Anwendung kommen.

Das Sozialstrafgesetzbuch vom 6. Juni 2010 hat damals große Teile des vorerwähnten Gesetzes vom 30. Juni 1971 sowie des Gesetzes vom 16. November 1972 über die Arbeitsinspektion übernommen, vereinfacht, vervollständigt und aktualisiert. Dies beweist, dass die Texte sich seit den 1970er Jahren bewährt haben. Das Sozialstrafgesetzbuch entspricht dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung und trägt außerdem den letzten technologischen Entwicklungen Rechnung. Diese Kohärenz zu den föderalen Texten bietet große Rechtssicherheit. 

Die Wallonische Region hat im Jahr 2019 das vorerwähnte Inspektionsdekret vom 5. Februar 1998 für ihr Zuständigkeitsgebiet aufgehoben und durch neue, stark durch das Sozialstrafgesetzbuch und das Inspektionsdekret der Region Brüssel-Hauptstadt inspirierte Texte ersetzt.

In einigen Bereichen des vorliegenden Dekretentwurfs, beispielsweise was gewisse Verfahren oder die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft angeht, ist es wichtig und vor allem sinnvoll, die Bestimmungen mit denen der Wallonischen Region anzugleichen, zumal die Inspektoren der Deutschsprachigen Gemeinschaft und einige Inspektoren der Wallonischen derselben Bezirkszelle angehören.

Umfangreiche Entwicklungen gab es in den vergangenen Jahren insbesondere in folgenden Bereichen: 

- Rechte der Bürger während Anhörungen; 

- Zugang der Sozialinspektoren zu bewohnten Räumlichkeiten; 

- Erkenntnisse anhand von Bildern und deren Verwendung, beispielsweise anhand der Aufnahmen einer Videoüberwachungskamera unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Gesetzgebung (kollektives Arbeitsabkommen Nr. 68 vom 16. Juni 1998), des Verhältnismäßigkeitsprinzips, im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten und lediglich, wenn es keine andere Möglichkeit einer Feststellung oder Identifizierung gibt.

Nicht zuletzt bildet eine moderne, dem aktuellen Stand der Rechtsprechung und internationalen Rechtsnormen entsprechende Gesetzgebung im Bereich der Sozialinspektion die Grundlage dafür, dass dem geltenden Recht zu seiner Wirkung verholfen wird; dies unter strikter Einhaltung der Grundrechte der vernommenen Person („Salduz“- und „Franchimont“-Gesetze).

Angesichts der Transformationsprozesse in der Welt der Arbeit aufgrund von Gesetzesreformen oder Veränderungen bei den Unternehmens- und Beschäftigungspraktiken sind Anpassungen erforderlich, um auf der Höhe der Zeit und effektiv zu bleiben. Neue Technologien bringen neue Kategorien von Arbeitsplätzen hervor, sodass die Überwachung der Arbeitsbedingungen durch traditionelle Methoden immer schwieriger wird. Um auf die zunehmende Komplexität industrieller Prozesse, Arbeitsschutzprobleme, usw. reagieren zu können, benötigen die Inspektoren angepasste Kontroll- und Präventionsstrategien.

Die Anwendung des vorliegenden Dekretentwurfs bezieht sich lediglich auf Gesetze, Dekrete und Verordnungen im Bereich der Beschäftigungspolitik. Demnach wird der Wortlaut „Beschäftigungspolitik“ des Sondergesetzes aufgeführt. Diese Zuständigkeit beinhaltet folgende Themen: 

  • die Arbeitsvermittlung, 
  • die Programme zur Wiederbeschäftigung von nichtbeschäftigten Arbeitsuchenden, einschließlich im Bereich Sozialwirtschaft, 
  • die Beschäftigung von Personen, die ein Anrecht auf soziale Eingliederung oder ein Anrecht auf finanzielle Sozialhilfe haben, 
  • die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte, mit Ausnahme der Normen betreffend die Arbeitserlaubnis, die im Rahmen der spezifischen Aufenthaltssituation der betreffenden Personen ausgestellt wird, und die Befreiungen von Berufskarten, die an die spezifische Aufenthaltssituation der betreffenden Personen gebunden sind.  
  • die Anwendung der Normen betreffend die Arbeitserlaubnis, die im Rahmen der spezifischen Aufenthaltssituation der betreffenden Personen ausgestellt wird. Die Überwachung der Einhaltung dieser Normen fällt in die Zuständigkeit der Föderalbehörde. Die Feststellung der Verstöße kann ebenfalls durch die von den Regionen dazu ermächtigten Beamten erfolgen, 
  • die Entscheidungs- und Ausführungsbefugnis im Bereich der Kontrolle der aktiven und passiven Verfügbarkeit der Arbeitslosen und im Bereich der Auferlegung der diesbezüglichen Sanktionen. 
  • die Festlegung der Bedingungen, unter denen Befreiungen von der Erfordernis der Verfügbarkeit entschädigter Arbeitsloser für den Arbeitsmarkt, unter Beibehaltung der Entschädigungen, bei Wiederaufnahme des Studiums, bei Teilnahme an einer Berufsausbildung oder einem Praktikum gewährt werden können, sowie die Entscheidung, diese Befreiung zu gewähren oder sie nicht zu gewähren. 
  • die Zielgruppenpolitik: 

a) die Senkungen der Arbeitgeberbeiträge zur sozialen Sicherheit, die nach den den Arbeitnehmern eigenen Merkmalen festgelegt werden. 

b) die Aktivierung der im Rahmen der Arbeitslosenversicherung gewährten Entschädigungen oder der finanziellen Sozialhilfe, bei Wiederaufnahme der Arbeit, unter Beibehaltung einer Entschädigung, die der Arbeitgeber auf die Entlohnung anrechnet. 

c) die Gewährung von Prämien an entschädigte Arbeitslose, die die Arbeit wieder aufnehmen oder an einer Berufsausbildung teilgenommen haben, 

d) die Gewährung von Prämien an Arbeitgeber und Auszubildende im Rahmen von Systemen der dualen Ausbildung, 

  • die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung der Arbeitsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer, der Qualität der Arbeitsbedingungen für ältere Arbeitnehmer und der Organisation der Arbeit für ältere Arbeitnehmer, 
  • die lokalen Beschäftigungsagenturen (LBA).  
  • Outplacement 
  • die Bedingungen, unter denen im Rahmen der Beschäftigungswege Leiharbeit in Anspruch genommen werden kann. 

Viele dieser Zuständigkeiten übt die Deutschsprachige Gemeinschaft seit dem Jahr 2016 aus. Das Arbeitsrecht an sich war und bleibt föderale Zuständigkeit.

Bei der Redaktion des vorliegenden Dekretentwurfs wurden sowohl internationale als auch europäische Normen berücksichtigt, wie beispielsweise das Übereinkommen Nr. 81 der internationalen Arbeitsorganisation “über die Arbeitsaufsicht in Gewerbe und Handel, 1947“, das durch das Gesetz vom 29. März 1957 gebilligt wurde, und u.a. folgendes vorsieht: 

Die zuständige Stelle hat geeignete Maßnahmen zu treffen zur Förderung 

a) einer wirksamen Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der Arbeitsaufsicht einerseits und den auf ähnlichen Gebieten tätigen anderen Behörden und öffentlichen oder privaten Einrichtungen andererseits, 

b) der Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbeamten sowie den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern oder deren Verbänden.“

Außerdem sieht das Abkommen vor, dass die Mitgliedstaaten für eine angemessene Verfolgung zu sorgen haben: 

„1. Wer gesetzliche Vorschriften, mit deren Durchführung die Aufsichtsbeamten betraut sind, verletzt oder missachtet, unterliegt sofortiger gesetzlicher Verfolgung ohne vorgängige Verwarnung. Die innerstaatliche Gesetzgebung kann jedoch Ausnahmen für die Fälle vorsehen, in denen eine vorgängige Aufforderung zur Behebung von Mängeln oder zur Durchführung vorbeugender Maßnahmen zu erfolgen hat. 

2. Es bleibt dem freien Ermessen der Aufsichtsbeamten überlassen, an Stelle der Einleitung oder Beantragung der Strafverfolgung Verwarnungen oder Ratschläge zu erteilen.“

Angemessene und verhältnismäßige Strafen sind daher unverzichtbar: 

„Die innerstaatliche Gesetzgebung hat angemessene Zwangsmaßnahmen gegen Übertretung der gesetzlichen Vorschriften, deren Durchführung von den Aufsichtsbeamten überwacht wird, und gegen die Behinderung der Aufsichtsbeamten bei der Ausführung ihrer Aufgaben vorzusehen und wirksam anzuwenden.“

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben im Juni 2009 zur Sanktionierung für Arbeitgeber, die illegal aufhältige Drittstaatsangehörige beschäftigen, strafrechtliche Sanktionen gemäß Artikel 9 der Richtlinie 2009/52/EG zur Verringerung der illegalen Einwanderung vereinbart Diese Richtlinie sieht in Artikel 14 vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass Zuwiderhandlungen gegen das Verbot der illegalen Beschäftigung mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen gegen den Arbeitgeber geahndet werden: 

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in ihrem Hoheitsgebiet wirksame und angemessene Inspektionen durchgeführt werden, bei denen kontrolliert wird, ob Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigt werden. Die Inspektionen erfolgen in erster Linie auf der Grundlage einer Risikobewertung, die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten vorzunehmen ist. 

(2) Zur Steigerung der Effektivität der Inspektionen ermitteln die Mitgliedstaaten auf der Grundlage einer Risikobewertung regelmäßig die Beschäftigungsbereiche, in denen in ihrem Hoheitsgebiet besonders viele Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigt werden.“

Neben der Inspektion und der strafrechtlichen Verfolgung ist es wichtig, ein Verfahren zur Auferlegung von Verwaltungsstrafen festzulegen. In vielen Gesetzen und Dekreten sind alternativ zu strafrechtlichen Strafen Verwaltungsstrafen vorgesehen. Allerdings wurden für die bisher vorgesehenen, teilweise „geerbten“ Verwaltungsstrafen weder Modalitäten der Eintreibung festgelegt noch Personen zur Ausführung und Auferlegung bezeichnet.

Die Europäische Union verlangt vermehrt, dass die Strafen, die durch die Gesetzgeber der verschiedenen Mitgliedstaaten festgelegt werden, in Bezug auf die Nichteinhaltung von Verpflichtungen in europäischen Richtlinien, effizient, proportional und abschreckend sein sollten.

Das Kollegium der Generalprokuratoren legt die allgemeinen Richtlinien zur Strafverfolgungspolitik im Bereich des Arbeits- und Sozialrechtes fest. Dies geschah beispielsweise durch das Rundschreiben Nr. 12/2012 des Kollegiums der Generalprokuratoren beim Appellationshof vom 22. Oktober 2012. Hierbei sieht das Kollegium den Schwerpunkt im Bereich der organisierten Kriminalität. Demzufolge werden isolierte Verstöße gegen die Arbeits- und Sozialgesetzgebung kaum noch durch das Arbeitsauditorat verfolgt und folgerichtig an den jeweils zuständigen Dienst für Verwaltungsstrafen weitergeleitet oder klassiert. Dementsprechend ist es wichtig, dass es im Falle der Einstellung der strafrechtlichen Verfolgung solche Verwaltungsstrafen gibt und diese auch in die Praxis umgesetzt werden können.

Zudem ist es wichtig, dass die verschiedenen Strafbestimmungen, was die Höhe der Strafen im Verhältnis zum Vergehen angeht, kohärent zueinander sind.

Ähnlich wie auch in den anderen Zuständigkeitsbereichen der Deutschsprachigen Gemeinschaft, wird im vorliegenden Dekretentwurf festgelegt, dass die Regierung diese Verwaltungsstrafen verhängt. Es sollte jedoch möglich sein, dies zukünftig ganz oder in Teilen an einen Mitarbeiter bzw. einen Dienst des Ministeriums zu delegieren.

Durch den vorliegenden Dekretentwurf:  

  • wird eine kohärente und vereinfachte Gesetzgebung der Inspektion im Bereich der Beschäftigungspolitik mit den für die Sozialinspektionen dazugehörigen notwendigen Mitteln eingeführt;  
  • werden der Auftrag, die Rechte und Pflichten sowie die Aufgaben der Sozialinspektoren deutlich beschrieben; 
  • wird eine bessere Anpassung an gesellschaftliche und juristische und Veränderungen der letzten Jahre gewährleistet; 
  • werden die Maßnahmen effizienter gestaltet; 
  • wird die Gesetzgebung auf die Deutschsprachige Gemeinschaft zugeschnitten.

Das Konzept des vorliegenden Dekretentwurfs wurde dem Direktionsrat auf seiner Sitzung vom 22. März 2021 vorgestellt.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Der vorliegende Dekretentwurf verursacht keine Kosten. Durch die eventuell auferlegten administrativen Geldbußen werden jedoch Einnahmen in unbestimmter Höhe generiert.

4. Gutachten: 

Das Gutachten Nr. 72.189/4 des Staatsrats vom 17. Oktober 2022 liegt vor. 

In seinem Gutachten geht der Staatsrat auf verschiedene Punkte ein.

1. Implizite Zuständigkeiten

1.1 Was das Beschwerdeverfahren im Bereich der administrativen Geldbußen (Artikel 56 und 97) angeht, so wurde festgehalten, dass die künftig zuständige gerichtliche Beschwerdeinstanz das Arbeitsgericht und nicht etwa die Abteilung Verwaltungsstreitsachen des Staatsrats sein soll. Hierfür muss sich die Deutschsprachige Gemeinschaft, so wie sie es bereits bei Verwaltungsstrafen in anderen Bereichen getan hat, auf die sogenannten „impliziten Zuständigkeiten“ berufen. In diesem Zusammenhang ist der Staatsrat der Ansicht, dass die im Kommentar zum Artikel vorgesehenen Argumente allein nicht ausreichen, um das Eingreifen in die Zuständigkeit der Föderalbehörde und insbesondere die Notwendigkeit dieses Eingreifens zu rechtfertigen.

An dieser Stelle ist zu präzieren, dass das Arbeitsgericht nicht gewählt wurde, da davon ausgegangen wird, dass der Staatsrat nicht über ausreichende Garantien im Sinne des Artikels 6 der EMRK verfügen würde, wie es durch die herangezogene Rechtsprechung des Staatsrates widerlegt wird, jedoch in der Begründung des Artikels an keiner Stelle behauptet wird. Der Staatsrat geht zudem nicht auf die Argumentation ein, wonach das Verfahren vor den ordentlichen Gerichtsbarkeiten weitaus weniger formal ist und somit einen breiteren Dialog der betroffenen Parteien ermöglicht. Diesem Aspekt sollte jedoch im vorliegenden Kontext eine besondere Wichtigkeit eingeräumt werden. Die Tatsache, dass das Arbeitsgericht sowohl durch Berufsrichter als auch durch Beisitzer aus dem Arbeitgeber- und Arbeitnehmerkreis zusammengesetzt ist, verstärkt dies noch. Aus diesem Grund soll an der Bestimmung weiterhin festgehalten werden.

1.2 Was die Artikel 13 (Antrag Untersuchungsrichter im Falle eines Betretens von bewohnten Räumlichkeiten), Artikel 29 bzw. Artikel 30 nach Umnummerierung (Beschwerdeverfahren gegen von Sozialinspektoren getroffene Maßnahmen beim Vorsitzenden des Arbeitsgerichts) und Artikel 67 §4 (Beschwerde beim Jugendgericht im Falle von Minderjährigen) angeht, verlangt der Staatsrat, dass im Kommentar zu den betreffenden Bestimmungen verdeutlicht wird, dass die Bedingungen für die Durchführung der impliziten Zuständigkeiten hinsichtlich dieser drei Eingriffe in die Zuständigkeit der Föderalbehörde tatsächlich erfüllt sind. Dieser Bemerkung wurde Folge geleistet und die jeweiligen Kommentare wurden entsprechend ergänzt.

2. Feststellung von Verstößen durch die Polizeidienste

Hier verweist der Staatsrat auf ein Staatsratsgutachten bezüglich eines Flämischen Dekrets, das als Inspiration für diesen Artikel diente. In diesem Gutachten präzisiert der Staatsrat, dass eindeutig sein muss, um welche Rechtstexte es sich bei der Kontrolle handelt. Dies ist der Fall in Artikel 4. Außerdem geht der Staatsrat auch hier auf die impliziten Zuständigkeiten ein. Die Argumentation bezüglich der Erfüllung dieser Kriterien befindet sich im Kommentar zu Artikel 4. Die Flämische Region hält im Übrigen auch weiterhin an diesem Modell fest. Im Dekret der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 23. Januar 2017 zur Förderung des Tourismus wurde eine ähnliche Bestimmung ebenfalls vorgesehen. Es gab nach Rücksprache mit den Vertretern der örtlichen Gerichtsbehörden keine Vorbehalte diesbezüglich.

3. Auskünfte von anderen Diensten

Bezüglich der Artikel 48 (zusätzliche Auskünfte), Artikel 61 (Mitteilung der Entscheidungen an die Sozialinspektoren), Artikel 79 (Erhalt von Auskünften von anderen Einrichtungen) weist der Staatsrat darauf hin, dass für diesen Informationsaustausch ein Zusammenarbeitsabkommen gemäß Artikel 92bis §1 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen notwendig sei. 

In den Artikeln 48 und 79 wurde eine entsprechende Anpassung vorgenommen. Was den Artikel 61 angeht, so wird (wie in den jeweiligen Rechtsgrundlagen der Wallonischen Region und der Region Brüssel-Hauptstadt) ein solcher Verweis nicht eingefügt, da es sich nicht um einen strukturierten Informationsaustausch handelt, sondern lediglich um eine „obligation de moyen“ im Hinblick auf die Erstellung von Statistiken.

4. Sprachengebrauch

Was den in Artikel 32 festgelegten Sprachengebrauch angeht, bemerkt der Staatsrat, dass im deutschen Sprachgebiet die Zuständigkeit, den Sprachengebrauch in Verwaltungssachen oder in den sozialen Beziehungen zwischen den Arbeitgebern und ihrem Personal zu regeln, weiterhin beim föderalen Gesetzgeber liegt. Demnach wird die Bemerkung des Staatsrats berücksichtigt und, wie im entsprechenden Artikel der Wallonischen Region, auf den entsprechenden Artikel der koordinierten Gesetze vom 18. Juli 1966 über den Sprachengebrauch in Verwaltungsangelegenheiten verwiesen.

5. Proportionalität

Laut Staatsrat sollte Artikel 68 §§2 und 3 ergänzt werden, einerseits um im Text die Fälle zu beschränken, in denen die Bearbeitung der Anträge auf Zuschüsse, solange eine Kontrolle läuft, ausgesetzt werden kann, und andererseits, um die Höchstdauer dieser Aussetzung festzulegen. Dieser Bemerkung wurde Folge geleistet.

6. Dauer der Datenaufbewahrung

Der Staatsrat rät dazu, die Begründung zu Artikel 87 um die Gründe für die Wahl der Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren zu ergänzen. Dieser Bemerkung wurde ebenfalls Folge geleistet.

7. Punktuelle Bemerkungen

  • Artikel 3: Der Staatsrat rät, die in Absatz 2 vorgesehen Ermächtigung einzugrenzen. Diese Ermächtigung wurde entfernt, sodass jegliche Gleichstellung per Dekret vorgenommen werden muss. 
  • Artikel 5: Der Staatsrat bemerkt, dass die in Paragraf 6 vorgesehene Ermächtigung zu weit geht und daher fallen gelassen werden sollte. Dieser Bemerkung wurde Folge geleistet.  
  • Artikel 10: In diesem Artikel wurde gemäß der Bemerkung des Staatsrats das Wort „regionaler“ gelöscht. 
  • Artikel 32: Infolge der Bemerkung des Staatsrats wird vorgesehen, dass die Sozialinspektoren ihren Eid vor der Regierung ablegen. 
  • Artikel 45: Für diesen Artikel rät der Staatsrat, den Absatz 3 fallen zu lassen. Da es sich um eine wichtige Präzisierung handelt wurde der Absatz umformuliert, jedoch beibehalten. 
  • Artikel 65: In diesem Artikel wird laut Staatsrat nicht bestimmt, wer die administrative Geldbuße herabsetzen kann. Er muss deshalb in diesem Punkt ergänzt werden. Dieser Bemerkung wurde Folge geleistet. 
  • Artikel 67: Für diesen Artikel schlägt der Staatsrat eine Umformulierung vor, die den Text verständlicher werden lässt. Dieser Bemerkung wurde ebenfalls Folge geleistet. 
  • Artikel 86: In diesem Artikel wurden infolge des Staatsratsgutachtens zwei technische Abänderungen vorgenommen. 
  • Artikel 101: In diesem Artikel wurde ebenfalls gemäß dem Gutachten eine technische Änderung vorgenommen. 

5. Rechtsgrundlage:  

  • Artikel 6 §1 IX. des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen 
  • Dekret des Wallonischen Regionalrates vom 6. Mai 1999 zur Ausübung der Befugnisse der Wallonischen Region in den Angelegenheiten Beschäftigung und Ausgrabungen durch die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 1 Absatz 1 
  • Dekret des Rates der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 10. Mai 1999 zur Ausübung der Befugnisse der Wallonischen Region in den Angelegenheiten Beschäftigung und Ausgrabungen durch die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 1 Absatz 1