Sitzung vom 21. April 2022

Dekretvorentwurf über die öffentliche bedarfsgeleitete Arbeitsvermittlung

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf über die bedarfsgeleitete Arbeitsvermittlung.

Die Regierung beschließt, den Dekretvorentwurf dem Sektorenausschuss XIX der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Verhandlung zu übermitteln.

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Datenschutzbehörde einzuholen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten des Verwaltungsrats der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben einzuholen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten des Wirtschafts- und Sozialrates der Deutschsprachigen Gemeinschaft einzuholen.

Die Ministerin für Kultur und Sport, Beschäftigung und Medien wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Mit dem vorliegenden Dekretvorentwurf wird ein Rahmen für kohärente und effiziente Arbeitsvermittlung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft geschaffen. Die effiziente Begleitung und Vermittlung von arbeitsuchenden Personen trägt zur Steigerung der Beschäftigungsrate bei, sie fördert die sozial-berufliche Teilhabe der Bürger und wirkt dem Fachkräftemangel entgegen. 

Für diese Ziele ist es unerheblich, ob die arbeitsuchenden Personen das Anrecht auf Arbeitslosengeld erwirkt haben oder nicht. Mehr noch - es wäre achtlos, arbeitsuchende Personen ohne Ersatzeinkommen oder mit anderen Ersatzeinkommen in der öffentlichen Begleit- und Vermittlungsarbeit zu benachteiligen oder gar auszuschließen. Dieser Dekretvorentwurf wird von dem Gedanken getragen, dass Menschen auf ihrem Weg ins Berufsleben entsprechend ihrem Bedarf unterstützt werden sollten, unabhängig von ihrem Ersatzeinkommen. 

Von Bedeutung für diese Ziele ist hingegen die Qualität der Begleit- und Vermittlungsangebote. Auch hier setzt das Dekret einen Rahmen. Es fördert die qualitative Weiterentwicklung der Begleit- und Vermittlungsarbeit, zum Beispiel über die Strukturierung grundlegender Prozesse oder die Systematisierung des Zusammenspiels von Evaluation und Weiterentwicklung. Zudem fördert das Dekret die kontinuierliche und somit nachhaltige Begleitung durch einen sogenannten Referenzberater in einem Dienst. 

Das Dekret regelt folgende Aspekte:

Die Eintragung als Arbeitsuchender in ein Register;

Im ersten Kapitel wird die Eintragung der Arbeitsuchenden in ein Register beschrieben. Die Eintragung ist der administrative Startpunkt für das gezielte Anbieten öffentlicher Dienstleistungen. Jede arbeitsuchende Person, die Zugang zum Arbeitsmarkt hat, kann sich eintragen lassen. Die Eintragung in das Register sollte in erster Linie als Türöffner verstanden werden, sowohl für die Dienste als auch für die Arbeitsuchenden. 

Die Dienstleistung der bedarfsgeleiteten Arbeitsvermittlung;

In diesem Kapitel wird eine Dienstleistung für Arbeitsuchende beschrieben, die den Namen „bedarfsgeleitete Arbeitsvermittlung“ trägt. An diese Dienstleistung sind erhöhte Ansprüche gebunden, zum Beispiel mit Blick auf die Prozesse, die Qualität oder die Kontinuität der Begleitung. Sie kann vom Arbeitsamt oder von einem für diese Dienstleistung anerkannten Vermittlungsdienst umgesetzt werden.

Die Umsetzung der bedarfsgeleiteten Arbeitsvermittlung kann Voraussetzung für den Zugang zu ausgewählten Vermittlungsangeboten der Deutschsprachigen Gemeinschaft sein. Mit Vermittlungsangeboten sind Stellenangebote, Aus- und Weiterbildungsprogramme, Praktika, Integrationsmaßnahmen, Bewerbungstraining sowie jegliche Förderprogramme für Arbeitsuchende gemeint.  

Über die Verknüpfung der eingerahmten „bedarfsgeleiteten Arbeitsvermittlung“ mit dem Zugang zu ausgewählten Vermittlungsangeboten wird sichergestellt, dass die verfügbaren Vermittlungsangebote bedarfsgeleitet, zielgerichtet und in Abwägung aller Optionen angeboten werden. 

Die Entwicklung der bedarfsgeleiteten Arbeitsvermittlung;

In diesem Kapitel werden Regeln zur Arbeitsmarktanalyse und statistischen Erfassung festgehalten. Zudem wird das Arbeitsamt dazu verpflichtet, ein Umsetzungskonzept mit Blick auf die bedarfsgeleitete Arbeitsvermittlung zu erstellen. 

Die Vermittlung in ein Praktikum im Rahmen der bedarfsgeleiteten Arbeitsvermittlung;

Ziel dieses Kapitels ist es, die Bedingungen für die Vermittlung in ein Praktikum im Rahmen der bedarfsgeleiteten Arbeitsvermittlung festzulegen. Dieses Praktikum kann beispielsweise der Berufsorientierung dienen oder die Vermittlungschancen eines Arbeitsuchenden erhöhen.

Zur Zielgruppe des neuen Praktikumsstatutes gehören alle Arbeitsuchenden, unabhängig davon, ob sie ein Ersatzeinkommen beziehen und von welchem Vermittlungsdienst sie begleitet werden. Neben den Zielgruppen der aktuellen Praktikumsmaßnahmen des Arbeitsamtes (Arbeitsplatzerprobungspraktikum, Berufsorientierungspraktikum) und der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben (Orientierung im Betrieb) können auch weitere Personen dieses Praktikum absolvieren und auf diesem Wege praktische Erfahrungen außerhalb eines formalen Lehrplans sammeln.

Die Kontrolle der Suchbemühungen;

Dieses Kapitel regelt die Grundlage der Kontrolle der Suchbemühungen eines Arbeitsuchenden mit Wohnsitz im deutschen Sprachgebiet, der als Arbeitsuchender eingetragen ist und auf der Grundlage des normativen Rahmens der Föderalbehörde den Erhalt des Arbeitslosengeldes oder der Berufseingliederungszulage beantragt hat.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft. 

4. Gutachten:

Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 11. April 20222 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage: 

  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 5 §1 Absatz 1 II Nummer 4 und Artikel 6 §1 IX Nummer 2 
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4 §2 
  • Dekret des Wallonischen Regionalrates vom 6. Mai 1999 zur Ausübung der Befugnisse der Wallonischen Region in den Angelegenheiten Beschäftigung und Ausgrabungen durch die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 1 Absatz 1 
  • Dekret des Rates der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 10. Mai 1999 zur Ausübung der Befugnisse der Wallonischen Region in den Angelegenheiten Beschäftigung und Ausgrabungen durch die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 1 Absatz 1