Sitzung vom 20. Mai 2021

Erlass der Regierung zur Abfederung der Auswirkungen der Corona-Krise im Beschäftigungsbereich (III)

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet den Erlass zur Abfederung der Auswirkungen der Corona-Krise im Beschäftigungsbereich (III).

Das Gutachten des Staatsrates wird in Anwendung von Artikel 3 §1 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 bedingt durch die Dringlichkeit nicht angefragt. Die Dringlichkeit ist dadurch begründet, dass:

  •  die Föderalregierung seit dem 13. März 2020 im Kontext der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise außerordentliche Maßnahmen ergriffen hat; dass diese Maßnahmen weitreichende Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben haben, die nach wie vor flächendeckend spürbar sind, darunter auch in den Einrichtungen, Organisationen und Unternehmen auf dem deutschen Sprachgebiet; dass die Krise und ihre Folgen ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Situation haben; dass einige Aktivitäten der besagten Organisationen, Einrichtungen und Unternehmen aufgrund der Krise und ihrer Folgen zurzeit immer noch teilweise stark eingeschränkt sind; dass dies womöglich weiterhin eine Steigerung der Arbeitslosigkeit innerhalb der besagten Organisationen, Einrichtungen und Unternehmen zur Folge haben könnte; dass es dringend notwendig scheint, die sich möglicherweise daraus ergebende Arbeitslosigkeit weiterhin einzudämmen; dass die aufgrund dieses Erlasses vorgesehene Verlängerung der ergriffenen Maßnahmen als das für die Erreichung dieser Zielsetzung angemessenste Mittel zu sein scheint;
  • die Notwendigkeit besteht, eine bestehende Diskriminierung gegenüber den teilzeitschulpflichten Jugendlichen, die insbesondere Opfer des größten prozentualen Anstiegs der Arbeitslosenzahlen im Jahr 2020 waren, zu beseitigen und auch dieser Zielgruppe zu ermöglichen, dass der Arbeitgeber bei Übernahme in ein Arbeitsverhältnis  im Anschluss an eine Lehre einen vorteilhafteren Zuschuss erhält;
  • die Regierung die Notwendigkeit einer Verlängerung der erhöhten Zuschüsse um weitere sechs Monate darin sieht, dass die Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise nach wie vor die Betriebe, die Behörden und Bürger in den Gemeinden des deutschen Sprachgebiets im Griff hält und weiterhin dafür gesorgt werden muss, dass sowohl die Betriebe als auch die AktiF- oder AktiF PLUS-Berechtigten alldem nicht zum Opfer fallen, dass den AktiF (PLUS)-Berechtigten ein sicheres Beschäftigungsverhältnis in allen Sektoren ermöglicht bleiben soll und weiterhin Anreize zur Einstellung dieses Zielpublikums notwendig sind;
  • demnach unter diesen Umständen eine Verlängerung der erhöhten Zuschüsse um weitere sechs Monate, das heißt bis zum 31. Dezember 2021 einschließlich, folgerichtig ist;
  • die Regierung die Notwendigkeit einer Verlängerung der Möglichkeit der Übernahme beim selben Arbeitgeber infolge einer Ausbildungsmaßnahme innerhalb von sechs Monaten anstelle einer nahtlosen Übernahme darin sieht, dass weiterhin dafür gesorgt werden muss, dass sowohl die Betriebe als auch die ausgebildeten AktiF- oder AktiF PLUS-Berechtigten der anhaltenden Krise nicht zum Opfer fallen und eine Übernahme in ein sicheres Beschäftigungsverhältnis ermöglicht bleiben soll;
  • demnach unter diesen Umständen eine Verlängerung des Zeitraums bis zum 30. November 2021 einschließlich, folgerichtig ist;
  • die Verabschiedung des vorliegenden Erlasses aus vorstehenden Gründen keinen Aufschub mehr duldet;

Die Ministerin für Kultur und Sport, Beschäftigung und Medien wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

2.1 Verlängerung der Frist für den Tätigkeitsbericht der Leiharbeitsvermittler

Es ist angesichts der gegenwärtigen Krise angebracht, die Verpflichtung zur Vorlage des Tätigkeitsberichts genau wie im Vorjahr bis zum 30. September zu verlängern, sodass die Berichte nicht schon am 30. Juni eingereicht werden müssen.

2.2 Gleichsetzung der teilzeitschulpflichtigen Lehrlinge

Das AktiF-Dekret sieht vor, dass ein nichtbeschäftigter Arbeitsuchender u.a. nicht der Schulpflicht unterliegen darf, um als AktiF (PLUS)-Berechtigter zu gelten, da die Arbeitsuchenden erst nach Ende der Schulpflicht dem Arbeitsmarkt integral zur Verfügung stehen.

Da allerdings nur die über 18-Jährigen nicht mehr der Schulpflicht unterliegen, haben nur sie, im Gegensatz zu den unter 18-Jährigen, die der Teilzeitschulpflicht unterliegen, zu Beginn der Lehre Anrecht auf eine AktiF-Bescheinigung.

Eine gewisse Diskriminierung besteht also zwischen unter und über 18-Jährigen, die eine Lehre beginnen. Hat ein Arbeitgeber die Wahl, würde er somit eher einen über 18-jährigen Lehrling bevorzugen, um sich die AktiF-Förderung im Anschluss an die Ausbildung zu sichern.

Der Jahresbericht 2020 des Monitorings der ostbelgischen Wirtschaft zu den Monaten März bis Dezember 2020 zeigt außerdem, dass insbesondere in den Monaten des harten Lockdowns, sprich in den Monaten März bis Mai 2020 bis zu 25% mehr Jugendliche unter 25 Jahren arbeitslos waren. Diese Altersgruppe war somit Opfer des größten prozentualen Anstiegs der Arbeitslosenzahlen in diesem Zeitraum.

Gerade im Rahmen der derzeitigen Krise ist diese Gleichstellung erforderlich, um sowohl die Betriebe als auch die betroffene Zielgruppe zu unterstützen und Ungleichbehandlungen zu vermeiden.

Statistiken des IAWM belegen, dass jedes Jahr rund 90 jugendliche Teilzeitschulpflichtige einen Lehrvertrag abschließen.

Außerdem gilt in der AktiF-Gesetzgebung, dass für alle anderen Ausbildungen keine neue AktiF-Bescheinigung beantragt werden muss, wenn die Person zu Beginn der Ausbildung in Besitz der Bescheinigung ist und im Anschluss nahtlos beim selben Arbeitgeber übernommen wird.

Gemäß Artikel 3 Absatz 2 des AktiF-Dekrets kann die Regierung festlegen, wer einem nichtbeschäftigten Arbeitsuchenden gleichzusetzen ist. Durch den vorliegenden Artikel werden somit teilzeitschulpflichtige Personen gleichgesetzt, insofern sich ihr Wohnsitz in der Deutschsprachigen Gemeinschaft befindet und sie die dort aufgelisteten Ausbildungsmaßnahmen (Anlehre, Lehre, Industrielehre oder Berufseingliederungsvertrag) innerhalb der letzten 20 Tage begonnen haben. Ziel ist es, nicht alle teilzeitschulpflichtigen Jugendlichen zu fördern, sondern lediglich jene, die eine Lehre begonnen haben und somit gegenüber den über 18-Jährigen benachteiligt sind. Diese Frist von 20 Tagen ist insofern wichtig, da dies die allgemeine Antragsfrist beim Arbeitsamt ist. Zweimal pro Monat überprüft das Arbeitsamt anhand von verschlüsselten Listen, die das IAWM dem Arbeitsamt jeweils am 1. und am 15. eines jeden Monats zur Verfügung stellt, welche teilzeitschulpflichtigen Personen innerhalb der vergangenen beiden Wochen eine Lehre begonnen haben und stellt ggfs. die Bescheinigung aus.

Der Berufseinarbeitungsvertrag wird neben der Lehre, Anlehre und Industrielehre aufgelistet, da ebenfalls unter 18-Jährige, wenn auch selten, ihn abschließen können. Eine Übernahme nach einem Berufseinarbeitungsvertrag eröffnet zwar nicht das Recht auf eine vorteilhaftere Förderung, jedoch wird er berücksichtigt, damit auch im Anschluss keine erneute Bescheinigung erforderlich ist.

Dieser Artikel tritt rückwirkend zum 1. Januar 2019 in Kraft. Es ist so, dass nicht nur den Arbeitgebern, die ab diesem Schuljahr 2021/2022 Lehrlinge ausbilden (beginnend zum 01.07.2021) dieser Vorteil gewährt werden soll, sondern auch denjenigen, die bereits in den beiden vergangenen Schuljahren nach Inkrafttreten des AktiF-Dekretes zum 1. Januar 2019 teilzeitschulpflichtige Jugendliche im Rahmen der vorgenannten Ausbildungsverträge ausbilden und anschließend übernehmen.

Aufgrund der Übergangsregel im AktiF-Erlass können selbst jene, die vor dem 1. Januar 2019 die Bedingungen erfüllten eine Bescheinigung erhalten, insofern die Lehre am 30. Juni 2021 noch nicht beendet wurde.

Es geht lediglich um die Jugendlichen, deren Lehrlingsvertrag frühestens am 30. Juni 2021 endet und nicht darum, Lehrlinge bzw. Arbeitgeber zu fördern, deren Lehrlingsverträge in den letzten zwei Jahren schon beendet wurden.

Laut Informationen des IAWM betrifft dies im Jahr 2021 50 Lehrlinge. Im Jahr 2022 werden maximal 62 Lehrlingen ihre Ausbildung beenden, die vor Ausbildungsstart noch teilzeitschulpflichtig waren. Im Jahr 2023 ist mit maximal 74 Lehrabschlüssen zu rechnen. Es gibt immer Fälle von Abbrüchen oder Arbeitgeberwechsel. Diese können nicht von der AktiF-Förderung im Anschluss profitieren.

2.3 Verlängerung der erhöhten AktiF-Zuschüsse und Sonderbudget 2021

Durch das Krisendekret II vom 27. April 2020 wurde die Regierung ermächtigt, die AktiF- und AktiF PLUS-Zuschüsse für eine Dauer von sechs Monaten zu erhöhen mit der Möglichkeit, diesen Zeitraum einmal zu verlängern. Durch den Erlass vom 26. November 2020 wurde die Maßnahme bis zum 30. Juni 2021 verlängert

Aufgrund der immer noch anhaltenden Corona-Krise wurde durch das Krisendekret vom 26. April 2021 vorgesehen, dass der Zeitraum noch zwei weitere Male, also insgesamt dreimal verlängert werden kann. Durch den vorliegenden Erlass wird sie ein zweites Mal um weitere sechs Monate, bis zu 31. Dezember 2021 verlängert. Eine dritte Verlängerung bleibt möglich.

Folgerichtig muss außerdem in Analogie zur Vorgehensweise für das zweite Halbjahr 2020 und das erste Halbjahr 2021 das Maximalbudget, im Rahmen dessen die lokalen Behörden AktiF- oder AktiF PLUS-Berechtigte einstellen können, in Form einer Sonderzuwendung erhöht werden. Die Verdopplung der personenbezogenen AktiF (PLUS)-Zuschüsse macht bei den lokalen Behörden tatsächlich nur dann Sinn, wenn auch das ihnen zur Verfügung stehende Budget erhöht wird.

Das Sonderbudget 2020 diente u.a. zur Finanzierung der neu eingestellten AktiF-Arbeitnehmer ab dem 1. Juli 2020, für die die Regierung einen doppelten AktiF- oder AktiF PLUS-Zuschuss gewährt. Demnach wird den lokalen Behörden, die das ihnen zur Verfügung stehende Budget beinahe oder vollständig in Anspruch nehmen auch bis zum 31. Dezember 2021 ein Sonderbudget zur Verfügung gestellt. Das effektiv beanspruchte Sonderbudget, das das vorab genehmigte Maximalbudget übersteigt, wird anschließend zur Basiszuwendung der jeweiligen lokalen Behörde hinzugefügt, damit die betroffene lokale Behörde auch über diesen Zeitraum hinaus die Möglichkeit hat, die Personen weiter zu beschäftigen.

2.4 Einstellungsfrist bei projektgebundenen Stellen und Übernahmefrist nach gewissen Ausbildungsmaßnahmen

Der AktiF-Erlass sieht vor, dass bei den projektgebundenen Stellen, nach Genehmigung die Einstellung bzw. der Ersatz innerhalb von sechs Monaten stattfindet. Um den Betrieben entgegenzukommen, wird die Möglichkeit eingeräumt, diese Frist auf einfachen Antrag hin, um weitere sechs Monate zu verlängern.

Der Zeitraum der in Artikel 43.5 des Dekrets vom 28. Mai 2018 zur AktiF- und AktiF PLUS-Beschäftigungsförderung erwähnten Maßnahme wird erneut verlängert. Inhaltlich geht es darum, dass die vorteilhafteren, nicht-degressiven AktiF (PLUS)-Zuschüsse auch dann gewährt werden, wenn der AktiF (PLUS)-Berechtigte nach einer von der Regierung festgelegten Ausbildungsmaßnahme innerhalb von sechs Monaten beim selben Arbeitgeber übernommen wird, und nicht zwingend nahtlos bzw. im direkten Anschluss an die Ausbildungsmaßnahme. Das Krisendekret vom 27. April 2020 sah ursprünglich vor, dass diese verlängerte Übernahmefrist gilt, insofern die Ausbildungsmaßnahme zwischen dem 13. März 2020 und dem 30. September endete. Dieser Zeitraum konnte einmal verlängert werden. Eine Verlängerung wurde durch den Erlass vom 1. Oktober 2020 ermöglicht und lief am 19. April aus.

Das Krisendekret vom 26. April 2021 sieht aufgrund der anhaltenden Krise vor, dass die Regierung diesen Zeitraum weitere zweimal um höchstens acht Monate verlängern kann. Durch den vorliegenden Erlass wird der Zeitraum, in dem die Ausbildungsmaßnahme endet, ein zweites Mal verlängert und endet am 30. November 2021. Eine dritte Verlängerung bleibt möglich.

3. Finanzielle Auswirkungen:

3.1. Verlängerung der Frist für den Tätigkeitsbericht der Leiharbeitsvermittler

In diesem Bereich entstehen keine Kosten.

3.2 Öffnung zugunsten der teilzeitschulpflichtigen Lehrlinge

Aus den Statistiken des IAWM geht hervor, dass in den letzten 3 Jahren jährlich rund 90 minderjährige Jugendliche eine Lehre begonnen haben. Jedoch nur erfolgreich zu Ende geführte Ausbildungen führen zu einer AktiF-Förderung im Anschluss.

Im Jahr 2021 werden laut IAWM maximal 50 Arbeitgeber die AktiF-Förderung für die Übernahme eines Lehrlings in Anspruch nehmen

Der Fachbereich rechnet demzufolge mit maximalen Mehrkosten für 2021, sprich für die Periode vom 1. Juli bis 31. Dezember 2021, in Höhe von rund 318.600 € (50 x 1.062 x 6).

3.3. Verlängerung der erhöhten AktiF-Zuschüsse und Sonderbudget zugunsten der lokalen Behörden

Während die Verlängerung der Übernahmefirst nach gewissen Ausbildungsmaßnahmen (2.4.) keine finanziellen Auswirkungen hat, wurden die finanziellen Auswirkungen der Verlängerung der erhöhten AktiF-Zuschüsse und Sonderbudget 2021 (2.3.) nachfolgend auf Basis des aktuellen Beschäftigungsstandes am 23. März 2021 erstellt.

Die Verlängerung der erhöhten AktiF-Zuschüsse wird für die Förderung der allgemeinen Stellen insgesamt 388.936,72 € und für die Förderung der projektgebundenen Stellen insgesamt 119.062,15 € Mehrkosten verursachen. Diese Simulation erfolgte auf Basis der aktuellen Beschäftigung. Es ist davon auszugehen, dass noch zusätzliche Einstellungen erfolgen werden. Diese kann man jedoch nicht beziffern. Insgesamt wird der Haushalt der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit 507.998,87 € zusätzlich für diese beiden Beschäftigungsförderungen belastet. Diese Mittel können über den OB 30 PR 23 ZW 33.02 für das Jahr 2021 aufgebracht werden.

Die Auswirkungen für die konventionsgebundenen AktiF-Stellen, die bei den lokalen Behörden beschäftigt sind, belaufen sich auf 45.963,56 €. Diese Mittel können über den OB 30 PR 23 ZW 43.01 für das Jahr 2021 aufgebracht werden.

Insgesamt ist unter Berücksichtigung der Punkte 1 und 2 mit einer Mehrbelastung für das Jahr 2021 im OB 30 Pr 23 ZW 32.02 in Höhe von 558.000 € (507.998,87 € und 50.000 €) zu rechnen.

3.4 Einstellungsfrist bei projektgebundenen Stellen und Übernahmefrist nach gewissen Ausbildungsmaßnahmen

In diesem Bereich entstehen keine Kosten.

4. Gutachten:

  • Das Gutachten des Staatsrats wurde aufgrund der Dringlichkeit nicht eingeholt.
  • Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 29. April 2021 liegt vor.
  • Das Gutachten des Finanzinspektors liegt vor.
  • Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt, liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Dekret vom 11. Mai 2009 über die Zulassung der Leiharbeitsvermittler und die Überwachung der privaten Arbeitsvermittler, Artikel 12 §1 Nummer 7 und §3 Absatz 1;
  • Dekret vom 28. Mai 2018 zur AktiF- und AktiF PLUS-Beschäftigungsförderung, Artikel 3 Absatz 2 Nummer 1, Artikel 4 Absatz 3, Artikel 5 Absatz 2 Nummer 2, Artikel 6 Absatz 2, Artikel 7 Absatz 2, Artikel 8 Absatz 3 Nummer 3, Artikel 13.1, Artikel 20, Artikel 43.2, Absatz 2, Artikel 43.3 und Artikel 43.5 Absatz 2