Erste Demenzstrategie für Ostbelgien

Was ist eine Demenz?

Aus medizinischer Sicht bezeichnet man als Demenz „einen anhaltenden Zustand der Minderung mehrerer Hirnfunktionen einschließlich des Gedächtnisses, der bei klarem Bewusstsein auftritt und zur Beeinträchtigung gewohnter Alltagstätigkeiten führt“. (Altenpflege, Vincentzverlag, 8.2012)

Häufigste Ursachen sind

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    Gehirnkrankheiten, bei denen nach und nach Nervenzellen absterben – Beispiel: Alzheimer

  • zerebrovaskuläre Krankheiten, bei denen sich die Blutgefäße im Gehirn verändern

Bei einer Demenz können auch Verhaltenssymptome auftreten. Jede Form von Demenz ruft unterschiedliche Symptome hervor und schränkt andere kognitive Funktionen der Betroffenen ein (Altenpflege, Vincentzverlag, 8.2012).

Ursachen und Risikofaktoren sind noch nicht genügend erforscht. Aktuell gibt es keine Heilung.

Demenz – in erster Linie ein soziales Schicksal

„Die Medizin erlebt Demenz als Niederlage, die Pflege als Überforderung, die betroffenen Familien nachvollziehbar als Last und Not. Meistens jedenfalls. Die Beschäftigung mit dem Thema löst immer noch Abwehr aus – es sollen doch bitte die anderen sich darum kümmern, die Pflegeheime und die Angehörigen – und Ängste – hoffentlich nicht bei mir oder in meiner Familie. (…)

Die Demenzbetroffenen und ihre Angehörigen erleben Isolation und Ausgrenzung vom sozialen Leben, ein „Herausgedrängtwerden“ aus dem öffentlichen Raum, Schritt für Schritt. Wenn von Leiden die Rede ist, dann hier: Leiden unter Ausschluss, unter Abschiebung.“ So schildert ein Vortrag bei der Tagung des Deutschen Ethikrates 2010 das Thema Demenz.

Genau das soll in Ostbelgien anders sein bzw. werden. Die Demenzstrategie möchte mit Tabus brechen und ermöglichen, dass wir in der Deutschsprachigen Gemeinschaft offen und würdevoll mit Menschen mit Demenz umgehen.

Sie arbeitet an einer Vision einer Gesellschaft, in der das Menschsein nicht nur von den geistigen Fähigkeiten abhängt. Dazu braucht man zunächst grundlegende Werte, die bei jeder Handlung gegenüber Menschen mit Demenz beachten werden müssen.

Ethische Werte als Grundlage für die Demenzstrategie

  • das Recht auf Würde: Claudia Mahler vom Deutschen Institut für Menschenrechte erklärt es wie folgt „Sie [Die Menschenwürde] ist eine unverfügbare Vorgabe, die als verbindliche Orientierung für Politik und Recht fungiert. Der Satz, wonach alle Menschen „gleich an Würde“ geboren sind (Art. 1 allgemeine Erklärung der Menschenrechte), bezieht sich auf alle Lebenslagen und ist an keinen Leistungsbegriff gekoppelt. (…) also auch Menschen mit Demenz oder von täglicher Pflege abhängige Ältere, genießen dieselbe Würde und dieselben Grund- und Menschenrechte“.

  • das Recht auf Selbstbestimmung: Jede Person hat ein Recht, für sich selbst und sein zukünftiges Leben Entscheidungen zu treffen und somit seinen eigenen Alltag zu gestalten. Bei Bedarf soll die Person auf die erforderliche Beratung, Begleitung, Unterstützung zurückgreifen können, insofern sie dies benötigt oder wünscht. Etwa Menschen mit Demenz sollen unterstützt werden, frühzeitig ihre Wünsche mit ihren Angehörigen, ihrer Vertrauensperson oder anhand einer Lebens- oder Patientenverfügung festzuhalten. Dieses vorausschauende Vorgehen hilft, ihre Wünsche zu kennen und respektieren - eine nicht zu unterschätzende Entlastung des Umfeldes und der Angehörigen.

  • Teilhabe, Partizipation: Konkret bedeutet dieser Wert, einem Menschen Zugänge, Rechte und Güter zuzubilligen, die ihn in der Gemeinschaft mit anderen Menschen leben lassen. Dies stärkt seine Identität, aber auch sein Selbstbild und sein Selbstwertgefühl. Die Gesellschaft und das Umfeld müssen Menschen mit Demenz also die Zugänge zugestehen, die ihm seinen Platz inmitten der Gemeinschaft lassen.

  • Privatheit/Datenschutz: Jeder soll sich ohne Zwang verhalten und Lebenspläne nach der eigenen Vorstellung entwickeln können – vorausgesetzt dies kollidiert nicht mit den Rechten und Freiheiten anderer. Privatheit steht also für individuelle Freiheit und Autonomie. Datenschutz – sprich der Umgang mit sensiblen Daten – ist Teil der Privatheit.

  • Fürsorge: Fürsorge bedeutet, für jemanden Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und Sorge zu tragen, wenn der Betroffene selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Wichtig ist, dass die „Fürsorger“ - ob hauptamtlich, ehrenamtlich oder Angehöriger - nur so viel übernehmen, wie für den anderen notwendig und für sie selbst tragbar ist.