Sitzung vom 4. Mai 2023

Abänderungsvorschläge zum Dekretentwurf zur Einrichtung eines Fonds für zinslose Darlehen an Auszubildende, Studierende und Schüler in Mangelberufen

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung und letzter Lesung die Abänderungsvorschläge zum Dekretentwurf zur Einrichtung eines Fonds für zinslose Darlehen an Auszubildende, Studierende und Schüler in Mangelberufen.

Die Ministerin für Bildung, Forschung und Erziehung wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

  1. Erweiterung des Systems des zinslosen Darlehens auf Medizin- und Zahnmedizinstudenten (Art. 1, Art. 3 §1 Absätze 1 und 3 und §2, Art. 6 §2 und Art. 8 §1 Absatz 3)
    Inkrafttreten: 1. Juli 2023  

Der Ärzte- und Fachärztemangel in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist erheblich. 

Im Rahmen der Volksgesundheit und des Rechts auf Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger soll für die Mangelberufe im Gesundheitssektor schneller als in anderen Sektoren eingegriffen werden. Deshalb schlägt die Regierung vor, einen Teil der geplanten dritten Phase des neuen Darlehenssystems jetzt schon auszuführen und das System des zinslosen Darlehens für Medizin- und Zahnmedizinstudenten in einer staatlich anerkannten Hochschuleinrichtung innerhalb der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz zu öffnen.

Um „Darlehenstourismus“ zu vermeiden, schlägt die Regierung vor, dass Medizin- und Zahnmedizinstudenten, die ein Darlehen beantragen möchten, zum Zeitpunkt der ersten Antragsstellung mindestens bereits sechs Monate im deutschen Sprachgebiet wohnen müssen. 

Ein erfolgreicher Abschluss wird auch von Medizin- und Zahnmedizinstudenten verlangt, um von einem Verzicht auf Rückforderung zu profitieren. Die Regierung schlägt daher vor, dass lediglich EU-anerkannte Abschlüsse auf Grundlage der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen dafür in diesem Sinne geltend gemacht werden können. In Artikel 8 Absatz 3 werden deshalb Nummer 5 und Nummer 6 hinzugefügt.

  1. Ermöglichung für die Regierung die Liste der Studiengänge, Lehr- und Meistervolontariatsprogramme nach Bedarf zu ergänzen ohne Berücksichtigung der Liste der Mangelberufe (Art. 3 §1 Absatz 2)
    Inkrafttreten: 1. Juli 2023  

Die Liste der Mangelberufe wird vom Arbeitsamt nach bestimmten Kriterien und nach einem bestimmten Verfahren erstellt. Demzufolge berücksichtigt diese Liste nicht alle Berufe, in denen ein dringender Bedarf an Fachkräften besteht. So findet man zum Beispiel den Beruf Arzt oder Ärztin nicht auf der aktuellen Liste der Mangelberufe. Auch der Beruf des Orgelbauers ist laut quantitativen Kriterien des Arbeitsamtes kein Mangelberuf, jedoch besteht ein dringender Bedarf an Orgelbauauszubildenden im deutschen Sprachgebiet. 

Deshalb schlägt die Regierung vor, die Möglichkeit vorzusehen, die Liste der Studiengänge, Lehr- und Meistervolontariatsprogramme ohne Berücksichtigung der Liste der Mangelberufe zu ergänzen.

  1. Schaffung einer Kommission (Art. 12.1-12.5)
    Inkrafttreten: 1. Juli 2023  

Im Laufe des Verfahrens des neuen Darlehenssystems müssen teilweise sensible Angelegenheiten geregelt werden, die gegebenenfalls einer zusätzlichen Expertise bedürfen.

So müssen unter Umständen Entscheidungen mit möglichen weitreichenden finanziellen Folgen für die Bürger und Bürgerinnen getroffen werden. Darlehensnehmer können nämlich einen Antrag auf Verzicht auf Rückforderung aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen stellen.

Aus diesem Grund schlägt die Regierung vor, eine Kommission mit Vertretern diverser Fachgebiete zu schaffen, die zudem die Möglichkeit hat, Experten einzuladen, um solche Fälle auf Antrag der Regierung fundiert zu beurteilen. 

  1. Schlussbestimmung (Art. 22.1)
    Inkrafttreten: 1. Juli 2023  

Die Liste der Studiengänge, Lehr- und Meistervolontariatsprogramme und Studienrichtungen des Regelsekundarschulwesens für das Schuljahr 2023-2024 kann erst nach Inkrafttreten des vorliegenden Dekrets erstellt werden.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Folgende Maßnahmen haben finanzielle Auswirkungen:

  1. Erweiterung des Systems des zinslosen Darlehens auf Medizin- und Zahnmedizinstudenten (Art. 1, Art. 3 §1 Absatz 1 und §2, Art. 6 §2 und Art. 8 §1 Absatz 3) 

Es ist nicht möglich, die präzisen finanziellen Auswirkungen der Aufnahme der Medizin- und Zahnmedizinstudenten zu berechnen, da die Deutschsprachige Gemeinschaft keinerlei Sicht hat auf potenzielle Medizin- oder Zahnmedizinstudenten, die im deutschen Sprachgebiet wohnen und auch in der Deutschsprachigen Gemeinschaft arbeiten möchten.

Pro Medizin- oder Zahnmedizinstudent, der während der ganzen Regeldauer des Studiums ein Darlehen aufnimmt, und nachfolgend die Bedingungen für Verzicht auf Rückforderung erfüllt, würden die Ausgaben sich auf 24.500 EUR belaufen. 

  1. Ermöglichung für die Regierung die Liste der Studiengänge, Lehr- und Meistervolontariatsprogramme nach Bedarf zu ergänzen ohne Berücksichtigung der Liste der Mangelberufe (Art. 3 §1, Absatz 2) 

Es ist nicht möglich, die präzisen finanziellen Auswirkungen dieser Maßnahme zu berechnen, da nicht vorhergesehen werden kann, welche Studiengänge, Lehr- und Meistervolontariatsprogramme in Zukunft Anrecht geben auf ein zinsloses Darlehen. 

  1. Schaffung einer Kommission (Art. 12.1-12.5) 

Die Regierung bestimmt den Betrag der Anwesenheitsgelder und der Entschädigungen, die den stimmberechtigten Mitgliedern der Kommission gewährt werden können. Die finanzielle Auswirkung ist noch nicht zu berechnen.

4. Gutachten: 

Liegen vor:

  • Das Juristisches Gutachten  
  • Das Gutachten des Finanzinspektors  
  • Das Einverständnis des Ministerpräsidenten in seiner Funktion als Haushaltsminister  

5. Rechtsgrundlage:  

  • Artikel 130 der Verfassung 
  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft