Sitzung vom 19. Januar 2023

Dekretentwurf zur Zustimmung zum Übereinkommen Nr. 190 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, angenommen durch die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation zu ihrer hundertachten Tagung zu Genf am 21. Juni 2019

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in zweiter und letzter Lesung den Dekretentwurf zur Zustimmung zum Übereinkommen Nr. 190 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, angenommen durch die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation zu ihrer hundertachten Tagung zu Genf am 21. Juni 2019.

Der Ministerpräsident, Minister für lokale Behörden und Finanzen, wird beauftragt, den Entwurf im Parlament zu hinterlegen. Das beschleunigte Behandlungsverfahren von Dekretentwürfen zur Zustimmung zu völkerrechtlichen Verträgen (Artikel 64 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft) wird beantragt.

2. Erläuterungen: 

Vorliegender Dekretentwurf hat in letzter Instanz die Ratifizierung des Übereinkommens Nr. 190 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, geschehen zu Genf am 21. Juni 2019, durch Belgien zum Ziel. 

Das Ziel des Übereinkommens ist die Anerkennung des Rechts aller Menschen, in einer Arbeitswelt zu leben, die frei von Gewalt und Belästigung ist.  

Das Übereinkommen erklärt was unter "Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz" zu verstehen ist, welche Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt und Belästigung ergriffen werden müssen und wie die Rolle aller Akteure in der Arbeitswelt - Staat, Arbeitnehmer, Arbeitgeber und repräsentative Organisationen - bei der Erreichung dieses Ziels zu gestalten ist. Es behandelt zudem das Thema Gewalt und Mobbing in der Arbeitswelt aus dem Blickwinkel Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und aus dem Blickwinkel Gleichbehandlung unter besonderer Berücksichtigung von geschlechtsspezifischer Gewalt und Mobbing. 

Bei dem Übereinkommen handelt es sich um einen „gemischten Vertrag“ im Sinne von Artikel 167 §4 der Verfassung, wie die Arbeitsgruppe für Gemischte Verträge am 11. Februar 2020 feststellte. Der Föderalstaat, die Gemeinschaften und die Regionen sind jeweils für die Behandlung von Diskriminierungen (einschließlich missbräuchlicher diskriminierender Verhaltensweisen und sexueller Belästigung) in den Bereichen zuständig, die in ihre Zuständigkeiten fallen. Die Zuständigkeit der Regionen für die Vermittlung von Arbeitnehmern und die Programme zur Wiedereingliederung von Arbeitssuchenden in den Arbeitsmarkt sowie die Zuständigkeit der Gemeinschaften für die duale Ausbildung fallen in den Anwendungsbereich des Übereinkommens.

Das Fehlen umfassender Standards auf internationaler Ebene findet durch das Übereinkommen ein Ende. Die weitere Umsetzung des Übereinkommens ist unerheblich, weil folgende Regeltexte die verschiedenen Bereiche bereits ausführlich behandeln: 

  • Gesetz vom 4. August 1996 über das Wohlbefinden der Arbeitnehmer bei der Ausführung ihrer Arbeit, insbesondere Kapitel Va mit spezifischen Bestimmungen zur Prävention psychosozialer Risiken am Arbeitsplatz, darunter Stress, Gewalt und moralische oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, ausgeführt in Titel 3 von Buch I des Kodex über das Wohlbefinden am Arbeitsplatz ('Gesetzgebung über das Wohlbefinden am Arbeitsplatz'); 
  • drei Gesetze zum Diskriminierungsverbot: das Gesetz vom 10. Mai 2007 zur Bekämpfung der Diskriminierung zwischen Frauen und Männern; das Gesetz vom 10. Mai 2007 zur Bekämpfung bestimmter Formen der Diskriminierung und das Gesetz vom 30. Juli 1981 zur Bekämpfung bestimmter durch Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit inspirierter Handlungen; 
  • Gesetz vom 22. Mai 2014 zur Bekämpfung von Sexismus im öffentlichen Raum und zur Änderung des Gesetzes vom 10. Mai 2007 zur Bekämpfung der Diskriminierung zwischen Frauen und Männern; 
  • Sozialstrafgesetzbuch ; 
  • Strafgesetzbuch; 
  • Dekret der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 19. März 2012 zur Bekämpfung bestimmter Formen von Diskriminierung. 

Damit das Abkommen in Kraft treten kann, bedarf es der Zustimmung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die Zustimmung zum Übereinkommen und die folgende Ratifizierung haben keine direkten finanziellen Auswirkungen zur Folge. 

4. Gutachten: 

  • Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei liegt vor.
  • Das Gutachten des Finanzinspektors liegt vor.

5. Rechtsgrundlage: 

  •  Verfassung, Artikel 130 
  • Sondergesetz vom 8. August 1980 über institutionelle Reformen, Artikel 5, 6 und 16 
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4