Sitzung vom 22. Dezember 2022

Vorentwurf eines Dekrets zur Einrichtung eines Fonds für Stipendien an Auszubildende, Studierende und Schüler in Mangelberufen

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf zur Einrichtung eines Fonds für Stipendien an Auszubildende, Studierende und Schüler in Mangelberufen.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in 30-Tage-Frist zu beantragen

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Datenschutzbehörde zu beantragen.

Die Ministerin für Bildung, Forschung und Erziehung wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt. .

2. Erläuterungen: 

Zu den wichtigsten Zukunftsthemen für Ostbelgien gehört der Fachkräftemangel, der eine große Gefahr für unseren Standort ist. Durch die Einführung eines Stipendiensystems soll dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden: Es sollen mehr Kandidaten für ein Studium oder eine Ausbildung in sogenannten Mangelberufen gewonnen und gleichzeitig an den Standort Ostbelgien gebunden werden.

Zur Gewährung dieser Stipendien wird ein Haushaltsfonds geschaffen. Über diesen Fonds kann Studierenden oder Auszubildenden, die an einer von der Deutschsprachigen Gemeinschaft anerkannten Hochschuleinrichtung eingeschrieben sind bzw. über das IAWM einen Ausbildungsvertrag mit einem anerkannten Ausbildungsunternehmen abgeschlossen haben, sowie Schülern im 7. Jahr des berufsbildenden Sekundarunterrichts unter bestimmten Bedingungen ein Stipendium gewährt werden.

Ein Stipendium kann nur für Studiengänge, Studienrichtungen oder Ausbildungen in einem Mangelberuf gewährt werden. Der Beschäftigungsminister erstellt jährlich auf Vorschlag des Arbeitsamtes eine Liste der Mangelberufe. Auf dieser Grundlage erstellt die Regierung eine Liste der Studiengänge, Lehr- und Meistervolontariatsprogramme sowie Studienrichtungen des Regelsekundarschulwesens in diesen Mangelberufen, die zur Beantragung eines Stipendiums berechtigen. Wurde ein erster Antrag auf Erhalt eines Stipendiums gewährt, besteht das Anrecht auf Erhalt des Studiums bis zum Abschluss des Studiums, auch wenn das Studienprogramm oder die Ausbildung zwischenzeitlich nicht mehr auf der Mangelberufsliste stehen. 

Das erhaltene Stipendium muss nicht zurückgezahlt werden, wenn die Stipendienbezieher in einem Zeitraum von zehn Jahren nach Abschluss ihres Studiums oder ihrer Ausbildung während mindestens fünf Jahren mindestens einer Halbtagsbeschäftigung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft nachgehen.

Die finanziellen Auswirkungen, die Stipendienempfänger auf sich nehmen, sind erheblich. Dies kann vermehrt Minderjährige, die noch unsicher sind im Hinblick auf ihren beruflichen Werdegang, unter Druck setzen, und ggf. dazu führen, dass sie in einem Studiengang, einer Ausbildung oder einer Studienrichtung des Regelsekundarschulwesens bleiben, obschon dieser bzw. diese nicht passend ist. Deshalb schlägt die Regierung vor, aus deontologischen Gründen die Schulpflichtigen vom Stipendiensystem auszuschließen.

Das Stipendium muss jährlich beantragt werden und wird monatlich ausgezahlt. Die Frist für das Einreichen des Antrags ist der 15. November. Die Frist für Zu- oder Absagen wird auf den 31. Dezember gelegt.

Das Inkrafttreten ist für den 1. Juli 2023 vorgesehen.

3. Finanzielle Auswirkungen:

In Anlehnung an das System der Mindestentschädigung, die ein Arbeitgeber seinen Lehrlingen gemäß Artikel 15 Nummer 16 des Erlasses der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 4. Juni 2009 zur Festlegung der Ausbildungsbedingungen für mittelständische Lehrlinge und Ausbildungsbetriebe auszahlt, wird das Stipendium in monatlichen Beträgen von 350 Euro für die Dauer der Regelstudienzeit bzw. der Ausbildung ausgezahlt. Eine Verlängerung von maximal einem Jahr ist jedoch möglich.

Studierende im ersten Studienjahr und Auszubildende im ersten Lehrjahr können ab dem Monat September ein Stipendium erhalten.

Am 15. November 2022 waren 228 Studierende an der Autonomen Hochschule Ostbelgien, 256 Auszubildende am Institut für Aus- und Weiterbildung des Mittelstands und 45 Schüler im 7. Jahr des berufsbildenden Sekundarunterrichts eingeschrieben, die ein Anrecht auf das Stipendium gehabt hätten, wenn das System bereits bestanden hätte.

Auf Basis dieser Zahlen hätten sich die Ausgaben im Schuljahr 2022-2023 auf 2.082.500 Euro belaufen, wenn alle Antragsberechtigten einen Antrag gestellt hätten.

In Bezug auf den Haushalt 2023 würden sich die Ausgaben auf der Basis der Anzahl Antragsberechtigten aus dem Schuljahr 2022-2023 für die Monate September bis Dezember auf 740.600 EUR belaufen.

Neben der Tatsache, dass wegen der damit einhergehenden Verpflichtung nicht alle potenziellen Stipendienberechtigten einen Antrag einreichen werden, sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: 

  • die Regierung kann den Betrag indexieren;  
  • die mögliche Zunahme an Personen, die sich in einem Mangelberuf ausbilden lassen möchten; 
  • die für 2023-2024 geplante Einführung eines Bachelor-Studiengangs in Sozialer Arbeit an der AHS, die ebenfalls zu einer Erhöhung der Antragsberechtigten führt. 

4. Gutachten:

Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 8. Dezember 2022, das Gutachten des Finanzinspektors vom 14. Dezember 2022 und das Einverständnis des Ministerpräsidenten vom 15. Dezember 2022 in seiner Funktion als Haushaltsminister liegen vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Artikel 130 der Verfassung 
  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen 
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft