Sitzung vom 14. Juli 2022

Dekretvorentwurf zur Abänderung des Dekrets vom 1. Juni 2004 zur Gesundheitsförderung und zur medizinischen Prävention

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf zur Abänderung des Dekrets vom 1. Juni 2004 zur Gesundheitsförderung und zur medizinischen Prävention. 

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973, das Gutachten in einer 30-Tages-Frist zu beantragen.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Aufgrund des Dekretes vom 1. Juni 2004 zur Gesundheitsförderung und zur medizinischen Prävention obliegen die Maßnahmen zum Infektionsschutz in weiten Teilen bisher dem für die Deutschsprachige Gemeinschaft zuständigen Arzt-Hygieneinspektor.

Mittels eines Bezeichnungserlasses1 wurde hierfür bisher ein Hygienearzt der „Agence pour une vie de qualité“ (hiernach „AVIQ“) bestellt. Der Arzt-Hygieneinspektor definiert die Maßnahmen, die in Zusammenarbeit mit Akteuren in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, zur Bekämpfung von Infektionen umgesetzt wurden. Diese Akteure waren das Zentrum für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen (hiernach „Kaleido Ostbelgien“) und der Fachbereich Gesundheit und Senioren des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Aufgrund der Fülle an Aufgaben im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und eines akuten Personalmangels konnte die AVIQ diese Funktion seit dem Jahr 2020 nicht mehr gewährleisten und selbst wahrnehmen.

Aus diesem Grund haben Mitarbeiter des Fachbereichs Gesundheit und Senioren und der Generalsekretär des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit Unterstützung von externen Experten Aufgaben im Rahmen des Infektionsschutzes übernommen. Dies waren vor allen Dingen die Maßnahmen zur Quarantäne und zur Isolation sowie die erforderlichen Hygienemaßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie in den Wohn- und Gesundheitseinrichtungen der Gemeinschaft sowie in Betrieben. Auch die Schließung von Schulen und Betrieben gehörte zu diesem Aufgabenfeld.

Angesichts der Tatsache, dass die Rechtsvorschriften der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Funktion der Hygieneinspektion ausschließlich einem Arzt vorbehalten, haben Beamte des Fachbereichs Gesundheit und Senioren eine Delegation für die Ergreifung der Maßnahmen im deutschen Sprachgebiet in Anwendung von Artikel 10.4 §1 Absatz 3 des Dekrets vom 1. Juni 2004 zur Gesundheitsförderung und zur medizinischen Prävention (hiernach „Basisdekret“) durch den Arzt-Hygieneinspektor erhalten. 

Die Hygieneinspektoren der AVIQ haben auf Anfrage eine beratende Funktion eingenommen und werden für wichtige Entscheidungen konsultiert.

Außerdem wurde im Rahmen des Krisendekretes 2022 vom 28. März 2022 die Zuständigkeit für Maßnahmen in den Schulen und den Kinderbetreuungseinrichtungen von Kaleido Ostbelgien an die Regierung und somit an das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft übertragen.

Die fachlichen Aufgaben, die im Kinder- und Jugendbereich bisher durch Kaleido Ostbelgien umgesetzt wurden, werden nun im Fachbereich Gesundheit und Senioren definiert und umgesetzt.

Um den Aufgaben zur Bekämpfung der Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten, so wie sie im Basisdekret definiert sind, vor allen Dingen bei epidemischen oder pandemischen Situationen besser gerecht zu werden, wird anhand des vorliegenden Dekretvorentwurfs im Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft eine Hygieneinspektion mit zu bestellenden Hygieneinspektoren eingesetzt.

Die eingesetzte Hygieneinspektion wird in Zukunft alle Aufgaben, die bisher dem durch die Regierung bestellten Arzt-Hygieneinspektor zugewiesen waren, übernehmen. 

Aus diesem Grund wird der im Basisdekret unter Kapitel IIter (Ansteckende Krankheiten) und unter Kapitel IIquater (Rückverfolgung und Unterbrechung von Infektionsketten im Rahmen der Bekämpfung der Coronavirus (Covid-19) Gesundheitskrise) genutzte Begriff „Arzt-Hygieneinspektor“ durch den Begriff „Hygieneinspektion“ ersetzt. 

Außerdem soll die Hygieneinspektion im Wege des vorliegenden Dekretvorentwurfs ermächtigt werden, andere Einrichtungen öffentlichen Interesses mit der Umsetzung der von ihr getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung ansteckender Krankheiten zu betrauen. Dies soll unter jedoch unter ihrer Verantwortung geschehen.

Zudem soll die Meldepflicht auf Ärzte ausgeweitet werden, die eine medizinische Koordination in einer Organisation ausüben. Zusätzlich wurde die Formulierung auch auf Einrichtungen, in denen Erwachsene untergebracht sind, ausgeweitet. Außerdem wird sie ausgeweitet auf die zuständige Leitung einer Kinderbetreuungsstruktur.   

Eine weitere inhaltliche Änderung betrifft die Befugnisse der Hygieneinspektion. Sie soll in Zukunft dazu in der Lage sein, die Vornahme von vorübergehenden baulichen und strukturellen Anpassungen aufzuerlegen, die für die Dauer der Infektionsgefahr dazu geeignet sind, diese zu minimieren.

Schlussendlich soll durch vorliegenden Dekretvorentwurf das Basisdekret eine bessere Leserlichkeit durch zweierlei Maßnahmen erfahren: Einerseits verfügen einige Artikel über eine Überschrift, andere nicht. Die Artikel, die über keine Überschrift verfügen, sollen nun eine solche erhalten. Andererseits erschwert die durch zahlreiche Abänderungen und Einfügungen zustande gekommene umständliche Nummerierung die Leserlichkeit. Die Regierung soll daher damit beauftragt werden, das Basisdekret zu koordinieren, damit dieses wieder eine fortlaufende Nummerierung erhält und das Dekret insgesamt neu geordnet werden kann. Denkbar hier wäre, alle Bestimmungen mit Bezug auf die Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise in einem eigenen Kapitel unterzubringen.

Ein Gutachten des Beirats zur Gesundheitsförderung wurde nicht angefordert, da das im Dekret beschriebene Konzept zur Gesundheitsförderung durch die Abänderungen des Dekretvorentwurfs nicht betroffen ist. Eine Vorstellung der Änderungen wird zur Information in einer zukünftigen Versammlung des Beirates zur Gesundheitsförderung stattfinden. 

Um eine zusätzliche Absicherung von Fachexpertise im Rahmen der Hygieneinspektion zu gewährleisten, wird ein Zusammenarbeitsabkommen mit der AVIQ angestrebt. Ein Prinzip-Beschluss der Zusammenarbeit zwischen der AVIQ und der Hygieneinspektion der Deutschsprachigen Gemeinschaft steht zur Tagesordnung der gemeinsamen Regierungssitzung der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Regierung der Wallonischen Region.   

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten: 

  • Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei liegt vor. 
  • Das Gutachten des Finanzinspektors liegt vor. 
  • Das Einverständnis des Haushaltsministers liegt vor. 

5. Rechtsgrundlage:

  • Artikel 5 §1 I Nummer 8 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen. 
  • Artikel 4 §2 des Gesetzes vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft.