Sitzung vom 25. Mai 2022

Genehmigung des Lastenheftes zur Ausschreibung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags über die Aufstellung eines Berechnungsmechanismus für eine ökologische Ersatzzahlung und zur Aufstellung eines Ratingsystems zur nachhaltigen Projektauswahl für die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens.

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung genehmigt das Lastenheft zur Ausschreibung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags über die Aufstellung eines Berechnungsmechanismus für eine ökologische Ersatzzahlung und zur Aufstellung eines Ratingsystems zur nachhaltigen Projektauswahl für die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen, wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Mit der Übernahme der Zuständigkeit im Bereich Raumordnung von der Wallonischen Region zum 1. Januar 2020 ist die Deutschsprachige Gemeinschaft erstmalig für alle Bereiche der Raumordnung gemäß Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen zuständig.  Mit dieser Zuständigkeitsübernahme wurde erstmals der gesetzliche Rahmen eins zu eins übernommen. Im übernommenen Gesetzbuch über die räumliche Entwicklung (GRE) werden auch Bestimmungen zur Flächennutzung formuliert. Dies ist anhand der Sektorenpläne möglich. Hierbei handelt es sich um ein verbindliches Instrument der Raumordnung, welches bebaubare und nicht bebaubare Zonen definiert. Jedoch stehen unterschiedliche Änderungen im GRE an. Eine dieser Abänderungen betrifft das Kapitel der Sektorenplanabänderungen. Diese haben in der Regel zum Ziel, an Stellen, die bisher in nicht für eine Bebauung vorgesehenen Bereichen liegen, bebaubare Zonen auszuweisen. Um dies vorzunehmen, müssen dann an anderer Stelle entweder bebaubare Zonen in nicht-bebaubare Zonen umgewandelt werden, oder eine alternative Ausgleichsmaßnahme erfolgen, oder eine Kombination aus beidem. Bei der alternativen Ausgleichsmaßnahme handelt es sich um Vorhaben, die einen nachhaltigen und vor allem ökologischen Mehrwert darstellen und/oder die Landschaft aufwerten bzw. schützen. Es geht also darum, die negativen Folgen einer Verstädterung durch die konkrete ökologische Aufwertung an anderer Stelle abzufangen. 

Diese Maßnahmen wurden aber noch nicht angewandt, da es noch keinen einheitlichen Leitfaden dafür gibt. Dies soll sich nun ändern, da die Deutschsprachige Gemeinschaft nicht ausreichend Flächenpotential hat, um nur über den vollständigen Flächenausgleich zu funktionieren.  Daher wird man hier künftig verstärkt auf die alternativen Ausgleichsmechanismen zurückgreifen müssen. Ein weiterer und bald neu eingeführter Mechanismus ist die Ausgleichsmaßnahme durch Ersatzzahlung einer noch zu berechnenden Summe in einem Fonds bei der Umwandlung von nicht bebaubaren Flächen in bebaubare Zonen. Ausgleichzahlungen stehen neben den Flächenausgleichen und alternativen Ausgleichsmaßnahmen und erfordern die Genehmigung der Verwaltung. 

Diese Geldsummen aus den Ausgleichszahlungen sollen in dem geplanten und neu zu erstellenden Nachhaltigkeitsfonds einfließen, welcher es ermöglichen soll, bedeutende Umwelt und Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu finanzieren und somit zur Förderung der Nachhaltigkeit in der Deutschsprachigen Gemeinschaft beizutragen. Bisher liegen in Ostbelgien (und in der Wallonischen Region) keine Erfahrungswerte hierzu vor, weil das Konzept der alternativen Ausgleichsmaßnahmen bisher nicht vertieft worden ist. Hier wird die Deutschsprachige Gemeinschaft also Neuland beschreiten müssen – aber dementsprechend auch Maßstäbe setzen können.

Die Ausarbeitung des alternativen Mechanismus, die Ersatzzahlung, erfordert die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags, welcher in einem Los vergeben werden soll. 

Um diese Ersatzzahlungen zu ermöglichen, ist es notwendig, den ökologischen Wert einer Parzelle in diesem Kontext berechnen zu können. Daher ist das erste Ziel für den Auftragnehmer, eine Methodik zu erstellen, welche es erlaubt, den monetären Umweltwert einer Parzelle auszurechnen. Innerhalb dieser Methodik sollen die unterschiedlichen Begriffe definiert werden, welche berücksichtigt werden müssen, um den globalen Wert einer Parzelle zu berechnen. Mithilfe ökologisch-ökonomischer Bewertungsmethoden soll letztendlich eine „Formel“ erstellt werden, welche die definierten Begriffsbestimmungen berücksichtigt und sich z.B. aus dem ökologischen Wertunterschied einer Parzelle vor und nach Umsetzung der Sektorenplanabänderung (Nutzungsumwidmung) ergeben wird. Mithilfe dieser Formel werden zum einen die Geldsummen für die alternative Ausgleichsmaßnahmen berechnet und zum anderen generieren die Grundlage für die Einnahmen im Nachhaltigkeitsfonds, aus dem im Nachhinein kostenintensive Maßnahmen finanzieren und unterstützen sollen. 

Wie die Verwendung der Geldsummen aus dem Fonds erfolgen soll, ist ebenfalls noch zu definieren. Festzuhalten ist, dass die Geldsummen, die im Nachhaltigkeitsfonds eingezahlt werden, auch für solche Vorhaben gebunden bleiben. Eine Idee ist es, dass die vorhabengebundene Auszahlung über DG-weite Wettbewerbe erfolgen könnte, um Maßnahmen im größeren Rahmen und eventuell gemeindeübergreifend zu unterstützen. 

Hierzu muss ebenfalls eine Methodik erstellt werden, welche es erlaubt, die sinnvollsten Maßnahmen zu definieren. Diese Methodik kann aus einem Punktesystem, bzw. einem Rating bestehen und soll auf unterschiedliche Umwelt- und Nachhaltigkeitskriterien basieren. Als Beispiel könnten Environment, Social and Governance Kriterien dienen. Hierbei handelt es sich um ein Ratingsystem, welches Kriterien aus dem Bereich Umwelt (Environment), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) übernimmt. Dieses System wird mittlerweile in unterschiedlichen Bereichen angewandt und trägt somit zu positiven Auswirkungen auf Umwelt und Soziales bei. 

3. Finanzielle Auswirkungen:

Durch die Ausschreibung entstehen Kosten in Summe des Auftragswertes, der nach Angebotsabgabe absehbar wird. Für die Ausschreibung dieses Auftrages wurde folgende Haushaltsnummer vorgesehen: OB50 PR22 ZUW 12.11

4. Gutachten: 

Gutachten des Finanzinspektors vom 9. Mai 2022 liegt vor. 

5. Rechtsgrundlage: 

  • Gesetz vom 17. Juni 2016 über öffentliche Aufträge (hiernach: Gesetz vom 17. Juni 2016) 
  • Gesetz vom 17. Juni 2013 über die Begründung, Unterrichtung und Rechtsmittel im Bereich öffentlicher Aufträge und bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Konzessionen (hiernach: Gesetz vom 17. Juni 2013) 
  • Königlicher Erlass vom 18. April 2017 über die Vergabe öffentlicher Aufträge in den klassischen Bereichen (hiernach: Königlicher Erlass vom 18. April 2017) 
  • Königlicher Erlass vom 14. Januar 2013 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Ausführung öffentlicher Aufträge (hiernach: Königlicher Erlass vom 14. Januar 2013)