Sitzung vom 28. April 2022

Verfahrensvereinbarungen zwischen dem Landschaftsverband Rheinland, LVR-Landesjugendamt und der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft für grenzüberschreitende Unterbringungen und zur Hilfe für Deutsche in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung verabschiedet die Verfahrensvereinbarungen zwischen dem Landschaftsverband Rheinland, LVR-Landesjugendamt und der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft für grenzüberschreitende Unterbringungen und zur Hilfe für Deutsche in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen: 

Im Rahmen der grenzüberschreitenden Jugendhilfe wurden 1998 und 1999 zwei Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zwischen dem Landschaftsverband Rheinland (nachstehend „LVR“) und der Deutschsprachigen Gemeinschaft abgeschlossen. 

Die Vereinbarung vom 26. März 1998 über die Betreuung von Jugendlichen durch Erziehungshilfeeinrichtungen des Rheinlands betrifft die grenzüberschreitenden Unterbringungen von Jugendlichen aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Jugendhilfeeinrichtungen des LVR. Diese Vereinbarung ist größtenteils hinfällig geworden, da diese grenzüberschreitenden Unterbringungen seit 2003 durch die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel IIa-Verordnung) geregelt werden. 

Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 wird ab dem 1. August 2022 durch ihre Neufassung ersetzt: die Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen. 

Artikel 82 der Verordnung (EU) 2019/1111 regelt das Unterbringungsverfahren eines Kindes in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Erwägt ein Gericht oder eine zuständige Behörde die Unterbringung eines Kindes in einem anderen Mitgliedstaat, so  

holt es/sie vorher die Zustimmung der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats ein. Absatz 8 dieses Artikels ermöglicht es den zuständigen Behörden verschiedener Mitgliedsstaaten Vereinbarungen zu treffen, mit denen das Verfahren zur Einholung der Zustimmung vereinfacht werden kann.

Auf dieser Grundlage haben der LVR und die Deutschsprachige Gemeinschaft eine neue Verfahrensvereinbarung zur Unterbringung von Kindern und Jugendlichen aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Gebiet des LVR und umgekehrt ausgearbeitet. Diese Vereinbarung vereinfacht das Zustimmungsverfahren, indem es nicht über die Zentralen Behörden Deutschlands und Belgiens, dem Bundesamt für Justiz und dem FÖD Justiz, abläuft, sondern direkt über das LVR-Landesjugendamt und dem Fachbereich Jugendhilfe des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft.  

Die Vereinbarung vom 27. Januar 1999 betrifft die Umsetzung von Jugendhilfeleistungen durch den Fachbereich Jugendhilfe zugunsten von deutschen Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen die sich in der Deutschsprachigen Gemeinschaft aufhalten und die diese Leistung nicht von der Deutschsprachigen Gemeinschaft erhalten können. Grundlage der Vereinbarung ist §6 Absatz 3 und §85 Absatz 2 Nummer 9 des Sozialgesetzbuches (SGB) VIII – Kinder- und Jugendhilfe sowie das Dekret vom 19. Mai 2008 über die Jugendhilfe und zur Umsetzung von Jugendschutzmaßnahmen. Diese Vereinbarung wurde grundlegend überarbeitet und an die aktuellen Vorgehensweisen und Bedarfe der Vereinbarungspartner angepasst. 

Vorliegende Verfahrensvereinbarungen werden für die Dauer von zwei Jahren abgeschlossen und treten am Tag ihrer Unterzeichnung in Kraft, voraussichtlich am 6. Mai 2022. Danach werden sie von Rechts wegen für aufeinander folgende Zeitspannen von jeweils einem Jahr verlängert.

Durch folgende LVR-Gremien wurden die Vereinbarungen bereits genehmigt: 

  • Landesjugendhilfeausschuss (empf. Beschluss am 25.11.21); 
  • Kommission Europa (Kenntnisnahme am 13.12.21); 
  • Landschaftsausschuss (Beschluss am 14.12.21).  

3. Finanzielle Auswirkungen:

Vorliegende Verfahrensvereinbarungen haben keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

4. Gutachten: 

Kein Gutachten erforderlich

5. Rechtsgrundlage: 

  • Dekret vom 19. Mai 2008 über die Jugendhilfe und zur Umsetzung von Jugendschutzmaßnahmen; 
  • Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz (IntFamRVG); 
  • Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe; 
  • Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel-IIa-Verordnung); 
  • Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (Brüssel-IIb-Verordnung)