Sitzung vom 7. Oktober 2021

Vorentwurf eines Erlasses der Regierung über die Feststellung von Beeinträchtigungen bei Kindern im Hinblick auf die Auszahlung des Zuschlags für Kinder mit Beeinträchtigung

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in zweiter Lesung den Vorentwurf eines Erlasses über die Feststellung von Beeinträchtigungen bei Kindern im Hinblick auf die Auszahlung des Zuschlags für Kinder mit Beeinträchtigung

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in einer 30-Tages-Frist zu beantragen.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Durch die Übernahme der Zuständigkeit für die Familienleistungen ist die Deutschsprachige Gemeinschaft ebenfalls für die Feststellung der Beeinträchtigung im Rahmen der Gewährung des Zuschlags für Kinder mit einer Beeinträchtigung zuständig geworden.

Gleichzeitig mit der Übernahme der Verwaltung und Auszahlung der Familienleistungen im Januar 2019 trat ein Abkommen zwischen dem FÖD Soziale Sicherheit, der Dienststelle für selbstbestimmtes Leben und dem Ministerium in Kraft. Dadurch wurde der FÖD Soziale Sicherheit übergangsweise beauftragt die Feststellung der Beeinträchtigung im Auftrag der Gemeinschaft und in Kooperation mit der Dienststelle weiterhin zu übernehmen.

Durch vorliegenden Erlass wird nun die Zuständigkeit effektiv übernommen und die Dienststelle mit der Feststellung der Beeinträchtigungen bei Kindern beauftragt.

Die Grundlagen zur Feststellung der Beeinträchtigung werden übernommen, insbesondere die Erteilung von Punkten in drei Pfeilern.

Die Feststellung erfolgt auf Antrag. Auch leitet die Dienststelle weiterhin aus eigener Initiative eine neue Feststellung ein, bevor die letzte endet.

Neu ist, dass der Antragsteller den Antrag auf Feststellung bei der Dienststelle stellt und nicht, wie im föderalen System, bei der Kindergeldkasse, die den Antrag weiterleitet. So wird der Ablauf für den Bürger klarer. Bisher musste er sich an das Ministerium bzw. die Kindergeldkasse wenden, um daraufhin vom FÖD Soziale Sicherheit zu einem Termin vorgeladen zu werden.

Das Ministerium wird durch die Dienststelle über ihre Entscheidung informiert, um so den Zuschlag für Kinder mit Beeinträchtigung zu zahlen.

Ebenfalls ist neu, dass die Dienststelle die Feststellung grundsätzlich auf Grundlage der eingereichten Dokumentation, d.h. ohne eine Einladung des Kindes vornehmen kann. Dies war im bisherigen föderalen System eine Ausnahme. Wünscht der Antragsteller jedoch eine Einladung, wird die Dienststelle das Kind vorladen.

Es wird auch festgelegt, dass die Dienststelle die Feststellungen der Flämischen Gemeinschaft, der Wallonischen Region und der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission übernimmt, wenn diese für ein Kind, für das die Deutschsprachige Gemeinschaft zuständig wird, bereits eine Beeinträchtigung festgestellt haben. So wird vermieden, dass ein neuer Antrag gestellt und eine neue Untersuchung des Kindes durchgeführt werden muss.

Die drei anderen Teilstaaten arbeiten ebenfalls weiterhin in einem System mit drei Pfeilern. Sollte einer der Teilstaaten sein Feststellungssystem ändern, ist diese Übernahme der Feststellungen neu zu beurteilen und vorliegender Erlass gegebenenfalls abzuändern.

Bemerkung zum Gutachten der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben

In ihrem Gutachten vom 3. September 2021 merkt die Dienststelle neben dem Hinweis, dass die Verfügbarkeit von deutschsprachigen Ärzten eine besondere Herausforderung bleibe, vor allem an, dass die Regierung sicherstellen müsse, dass aus der Zuständigkeitsübertragung kein administrativer Mehraufwand (durch mehrfache Antragsstellung oder mehrfache Behördengänge) in Bezug auf abgeleitete Rechte anderer Behörden und finanzielle Nachteile zu Lasten der ostbelgischen Bevölkerung entstehe.

Die Regierung steht hierzu, gemeinsam mit der Dienststelle selbst, die die authentische Quelle der Beeinträchtigungsdaten wird, im Austausch mit der föderalen Kreuzpunktdatenbank der Sozialen Sicherheit, um die Verfügbarkeit der Entscheidungen für andere Behörden sicherzustellen, wenn diese über die Genehmigung verfügen, diese Daten zu verarbeiten.

Bemerkung zum Gutachten des Rats für Familienleistungen

In seinem positiven Gutachten vom 16. September 2021 regt der Rat für Familienleistungen an eine feststehende multidisziplinäre Jury mit der Aufgabe der Feststellung der Beeinträchtigung zu beauftragen, um zu verhindern, dass eine einzige Person die Entscheidung trifft. Die vorgeschlagene Anpassung der Arbeitsweise, nicht einen Arzt sondern ein pluridisziplinäres Team in allen Fällen die Entscheidung treffen zu lassen, erscheint mit den verfügbaren Ressourcen nicht realisierbar. Eine Begutachtung des Kindes durch das vollständige pluridisziplinäre Team erscheint zudem unverhältnismäßig. Das pluridisziplinäre Team kann jedoch innerhalb der Dienststelle bei Bedarf den einschätzenden Arzt beraten, die Rolle der punktuellen Qualitätssicherung übernehmen und als Eskalationsmechanismus beispielsweise bei Beschwerden zu fungieren.

Der Bemerkung des Rates bezüglich der Formulierung von Artikel 9 wird Rechnung getragen.

Darüber hinaus schlägt der Rat vor, dass bei Antrag auf Neufeststellung der Beeinträchtigung die Möglichkeit eröffnet werden solle, die Expertise von einer anderen Person bzw. einer anders besetzten Jury vornehmen zu lassen, als dies bei der vorherigen Feststellung der Fall war. Die Neufeststellung auf Antrag der Person kann zwei Ursachen haben. Einerseits – und vornehmlich – sind in vielen Fällen die Beeinträchtigungen evolutiv. Dies ist aber nicht weder zeitlich noch in der Auswirkung vorhersehbar. Entsprechend kann sich im Laufe der Zeit die Situation des Kindes soweit verändern, dass eine Neufeststellung hier sinnvoll erscheint, um der veränderten Realität Rechnung zu tragen. Ein verpflichtender Wechsel des Arztes ist in diesen Fällen nicht notwendig. Die Neufeststellung kann andererseits aber auch in Folge einer Unzufriedenheit mit der Entscheidung beantragt werden. Hier kann es sicherlich Sinn machen, dass eine andere Person den Antrag bearbeitet. Die Dienststelle wird, auch in Anwendung des internen Beschwerdemanagements (Artikel 24 §1 des Dekrets vom 13. Dezember 2016 zur Schaffung einer Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben), durch ihre interne Arbeitsweise die entsprechenden Vorkehrungen treffen.

Schließlich weist der Rat darauf hin, dass der Bürger über das Recht Einspruch zu erheben und über das Recht zu einer Untersuchung eingeladen zu werden, hingewiesen werden müsse. Dies wird die Dienststelle sicherstellen.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Bisher erhielt die Dienststelle im Rahmen eines Abkommens mit dem FÖD Soziale Sicherheit Mittel für das Übernehmen dieser Aufgabe. Diese Einnahme der Dienststelle fällt durch die selbstständige Übernahme weg.

Es entstehen nach Schätzung der Dienststelle Kosten in Höhe von ca. 25.000 € für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Diese Mittel sind in der Dotation an die Dienststelle vorzusehen.

4. Gutachten:

  • Das Gutachten der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben liegt vor.
  • Das Gutachten des Rates für Familienleistungen liegt vor.
  • Das Gutachten des Finanzinspektors liegt vor
  • Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt liegt vor
  • Das Gutachten der Datenschutzbehörde wurde angefragt, liegt aber noch nicht vor. Die Bemerkungen der Datenschutzbehörde werden in die dritte Lesung eingebaut.

5. Rechtsgrundlage:

Dekret vom 23. April 2018 über die Familienleistungen