Sitzung vom 8. Juli 2021

Dekretvorentwurf über Maßnahmen im Bereich Energie

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in zweiter Lesung den Dekretvorentwurf über Maßnahmen im Bereich Energie.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in einer 30-Tages-Frist zu beantragen.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Hintergrund:

Unter Koordination der Deutschsprachigen Gemeinschaft haben die neun Gemein-den des deutschen Sprachgebiets im Jahr 2018 einen Energie- und Klimaplan (EKP) erstellt. Die Unterzeichner verpflichten sich dazu, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40% zu reduzieren sowie Handlungsansätze für den Klimaschutz und die Klimaanpassung einzuführen. Der Energie- und Klimaplan umfasst Maßnahmen in den Bereichen Mobilität, öffentliche Gebäude, Wohngebäude, erneuerbare Energien sowie Klimaanpassung.

Die Wallonische Region fördert ebenfalls Maßnahmen zur Bekämpfung des Klima-wandels im Rahmen verschiedener Programme. Dazu gehören UREBA (Utilisation rationnelle de l'énergie dans les bâtiments; dieses Programm zielt auf den öffentlichen Sektor und VoGs ab), POLLEC (Politique locale Energie-Climat), PAPE (Plan d’action préventive en matière d’énergie) und MEBAR (Subventions aux ménages à revenu modeste; dieses Programm zielt auf Privathaushalte ab und sieht eine Unterstützung über das ÖSHZ vor).

Im Rahmen der Übertragung der Ausübung der Zuständigkeit „Energie“ von der Wallonischen Region an die Deutschsprachige Gemeinschaft aufgrund von Artikel 139 der Verfassung obliegt die Förderung der Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels in den übertragenen Zuständigkeitsbereichen seit dem 1. Januar 2020 der Deutschsprachigen Gemeinschaft .

Vorliegendes Dekret umfasst einige Bestandteile des neuen Bezuschussungskonzeptes für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Dieses Konzept umfasst Fördermöglichkeiten in fünf verschiedenen Bereichen:

1. Pilotprojekte der Gemeinden im Rahmen der Umsetzung des integrierten Energie- und Klimaplans;

2. Infrastrukturmaßnahmen;

3. Bekämpfung der Energiearmut in sozialschwachen Haushalten;

4. Neues Prämiensystem für Privathaushalte zur Steigerung der Energieeffizienz der Wohngebäude im Bestand;

5. Investitionspaket zur energetischen Sanierung des Bestands im sozialen Wohnungsbau sowie zur Schaffung zusätzlicher Wohnungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau.

Mit vorliegendem Dekretentwurf wird die dekretale Grundlage für die Maßnahmen 2, 3 und 5 geschaffen. Die Umsetzung der beiden anderen Maßnahmen erfolgt mittels Ausführungserlasse auf Grundlage bereits bestehender Projekte.

Infrastrukturprojekte:

Infrastrukturprojekte der Gemeinden zur energetischen Sanierung sollen künftig im Rahmen des Infrastrukturplans zu 80 Prozent bezuschusst werden.

Diese Förderung ersetzt das UREBA-Programm der Wallonischen Region in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Dies bietet den Gemeinden den Vorteil eines einzigen, einheitlichen Antragsverfahrens auf der Grundlage eines bewährten Systems.

Bekämpfung der Energiearmut in sozialschwachen Haushalten:

Um Energiearmut in sozialschwachen Haushalten entgegenzuwirken, erhalten die ÖSHZ des deutschen Sprachgebiets über die Sozialhilfedotation eine Sonderdotation. Diese dient beispielsweise der Kontrolle von Heizungsanlagen, elektrischen Anlagen, der Durchführung von Energieaudits, Sensibilisierungsaktionen, Weiterbildungen oder kleinen Beschaffungen wie Energiekits oder Messgeräte.

Die Höhe der Dotation beläuft sich auf 250 € pro Empfänger eines Eingliederungseinkommens. Dazu gilt die Durchschnittszahl der Einwohner der Gemeinde, die im vorletzten Kalenderjahr ein Eingliederungseinkommen bezogen haben und nicht wie in der allgemeinen Sozialhilfedotation der Durchschnitt der letzten sechs Jahre.

Diese Dotation ersetzt das PAPE-Programm der Wallonischen Region in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Die Wallonische Region gewährte im Rahmen dieser Projekte bisher einen Zuschuss auf Basis von ebenfalls 250 €/Empfänger des Eingliederungseinkommens aber gedeckelt auf 50.000 €/ÖSHZ. Mit dem neuen Bezuschussungsmodell ist keine Deckelung vorgesehen, womit insbesondere Eupen und Kelmis einen größeren finanziellen Spielraum erhalten und zudem bei einer Erhöhung der Anzahl Eingliederungsempfänger, insbesondere in der Folge der Corona-Pandemie, dem automatisch Rechnung getragen wird. Die Wallonische Region legte zudem detaillierte Regeln zur Verwendung dieser Mittel fest. Mit der Sonderdotation über den Sonderfonds erhalten die ÖSHZ einen weitaus größeren Gestaltungsspielraum und die administrative Verwaltung zur Gewährung dieser Zuschüsse wird auf ein Minimum reduziert. Zur Auszahlung dieser Zuschüsse muss Artikel 14 des Dekretes vom 15. Dezember 2008 über die Finanzierung der Gemeinden und Öffentlichen Sozialhilfezentren durch die Deutschsprachige Gemeinschaft entsprechend ergänzt werden.

Der Beirat für Wohnungswesen und Energie hat sich in seiner Sitzung vom 8. Juni 2021 mit dem Dekrettext befasst.

Die Mitglieder merkten an, dass im Dekrettext oder in der Begründung zum Dekret präzisiert werden sollte, ob es sich bei der Anzahl Eingliederungsempfängern, die als Grundlage für die Bezuschussung gelten, um Akten pro Haushalt handelt, oder aber um Anzahl Personen, die in einem Haushalt Nutznießer des Eingliederungseinkommens sind.

Dies wurde in der Begründung von Artikel 12 des Dekretvorentwurfes dahingehend präzisiert, dass es sich um die Anzahl Akten Eingliederungsempfänger handelt, die pro Haushalt eröffnet werden.

Ein Ratsmitglied merkte an, dass es sinnvoll sei, den Zeitraum der Dauer der Gewährung des Eingliederungseinkommens als auch die Anzahl Empfänger pro Haushalt bei der Berechnung des Zuschusses zu berücksichtigen, da der Aufwand der Bearbeitung und der Begleitung unterschiedlich sei. Da diese Berücksichtigung mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden sei und es sich bei vorliegender Bezuschussung um eine Pauschalzuschüsse handelt zur Bekämpfung der Energiearmut, die unterschiedlich durch die ÖSHZ eingesetzt werden könnte, ist die Mehrheit der Mitglied für die Beibehaltung des Textes im Dekretvorentwurf.

Insgesamt hat der Beirat ein positives Gutachten zur Dekretvorentwurf abgegeben.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Infrastrukturprojekte:

Die Erhöhung des allgemeinen Zuschusssatzes von 60% auf 80% für Energieeffizienzmaßnahmen, die im Rahmen von bezuschussten Infrastrukturvorhaben durchgeführt werden, wird über die verschiedenen Programme des OB70 finanziert werden und den zugehörigen jährlichen Ausgabenhaushalt in Abhängigkeit der im Infrastrukturplan eingetragenen Kosten entsprechend belasten. Diese Regelung soll erstmals mit dem Ursprungshaushalt 2022 zur Anwendung kommen.

Investitionspaket im sozialen Wohnungsbau:

Die Abänderungsbestimmung zur möglichen Kapitalbeteiligung der Deutschsprachigen Gemeinschaft an die Wohnungsbaugesellschaft hat keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen. Diese entstehen zum Zeitpunkt, wo die Gemeinschaft sich effektiv an dem Kapital der Gesellschaft beteiligt.

Bekämpfung der Energiearmut:

Ausgehend von der durchschnittlichen Anzahl Eingliederungsempfänger des Jahres 2019 würde sich die entsprechende Dotation wie folgt auf die 9 ÖSHZ verteilen:

 

Gemeinde

Anzahl Eingliederungsempfänger 2019

Pauschalzuschuss 250€/Einglied.empf.

Zusatz Sozialhilfedotation

Amel

27

250

6.750€

Büllingen

27

250

6.750 €

Bütgenbach

45

250

11.250 €

Burg-Reuland

18

250

4.500 €

Sankt Vith

114

250

28.500 €

Eupen

648

250

162.000 €

Kelmis

311

250

77.750 €

Lontzen

57

250

14.250 €

Raeren

181

250

45.250 €

Gesamt

1.428

250

357.000 €

 

Die Finanzierung erfolgt über eine neue Zuweisung im OB 50 PR 15 ZW 43.23 mit der Bezeichnung „Sonderdotation zur Bekämpfung der Energiearmut für den Sonderfonds für Sozialhilfe“. Auf dieser Zuweisung sind im Rahmen der 1 HHAP die entsprechenden Mittel vorgesehen.

4. Gutachten:

  • Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 26. April 2021 liegt vor.
  • Das Gutachten des Finanzinspektors vom 29. Juni 2021 liegt vor.
  • Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt, vom 1. Juli 2021 liegt vor.
  • Das Gutachten des Beirates für Wohnungswesen und Energie vom 17. Juni 2021 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Artikel 139 der Verfassung
  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 6 §1 VII. Absatz 1 Buchstaben f) und h)
  • Dekret vom 29. April 2019 über die Ausübung gewisser Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich der Energie durch die Deutschsprachige Gemeinschaft.